OFF TOPIC aber notwendig – der Umgang der Schweiz mit ihren Alten…

OFF TOPIC aber notwendig – der Umgang der Schweiz mit ihren Alten…

Es rockt in der Schweiz, wenn die Politik durch das Volk dazu gezwungen wird, endlich etwas für die Rentnerinnen und Rentner zu tun…

Danny Frischknecht

Das wird ein langer und für gewisse Leserinnen langweiliger Beitrag und er hat mit ROCKNEWS kaum etwas zu tun. Zudem geht es nur um die Schweiz. Als CEO dieses Webzines, das jährlich Verluste generiert, erlaube ich mir aber, meine Meinung kund zu tun. Wem’s nicht passt – nicht lesen oder Shitstorm starten – geht mir beides – geht mir beides vertikal den Rücken runter…

Worum geht es?

© DHM, Ferdinand Schaalburg, Deutscher Jugendfotopreis 1990

Die Schweizer Bevölkerung stimmt im März darüber ab, ob das Rentenalter auf 66 Jahre angehoben und anschliessend automatisch an die Lebenserwartung gekoppelt werden soll (Renteninitiative) und ob es zukünftig eine 13. AHV-Rente geben soll. Falls die Erhöhung des Rentenalters abgelehnt und die 13. AHV-Rente angenommen wird, würde das jährlich rund Fr. 7’000’000.- mehr kosten als heute. Trotzdem würden damit die Renten nicht existenzsichernd sein, wie es gesetzlich vorgegeben wäre.
Die BefürworterInnen der Renteninitiative und die Gegnerinnen der 13. AHV-Rente sind sich einig darüber, dass wir uns als Land diese Rentenanpassungen nicht leisten können.

Ist das so?

Einige Zahlen, welche alle aus offiziellen Statistiken oder Studien stammen, ich aber nicht wissenschaftlich überprüft habe. Es genügt aber auch, sich diese Eckwerte auf der Zunge zergehen zu lassen, auch wenn man sich über die genauen Werte streiten kann.

Die Schweiz ist mit einem Bruttoinlandprodukt von ca. 99’000 $ das viertreichste Land der Welt. Hierzulande gibt es geschätzt etwa 1 Million Menschen, welche über ein Vermögen von mehr als Fr. 1’000’000.- verfügen, etwa 30 Personen verfügen über ein Vermögen von mehr als Fr. 1’000’000’000.-
Der Schweizer Staat und die Nationalbank haben in den letzten Jahren folgende Hilfen oder Garantien für die beiden Grossbanken CS und UBS gesprochen:
Fr. 50’000’000’000.- Liquiditätshilfe an CS, Fr. 9’000’000’000.- Staatsgarantie an UBS, Fr. 100’000’000’000.- gesicherte Liquiditätshilfe der SNB an CS und UBS sowie Fr. 100’000’000’000.- zusätzliche Liquiditätshilfe-Darlehen der SNB an CS und UBS. Auch wenn das Geld glücklicherweise nicht ausgeschöpft werden musste, unser Staat war bereit, im Notfall Fr. 250’000’000’000.- Volksvermögen in zwei Grossbanken zu investieren.
An der Schweizer Börse SWIX wurden 2022 Aktien im Wert von Fr. 1’200’000’000’000.- gehandelt, also 1,2 Billionen – weitgehend steuerfrei, da es in der Schweiz keine Finanztransaktionssteuer gibt. Was es bringen würde? In der EU würde eine Besteuerung mit nur 1-2 % Steuererträge von zwischen 110 und 250 Milliarden € einbringen.

Beiträge an die AHV

Wer es noch nicht weiss; die AHV ist die gerechteste und sicherste Art der Altersvorsorge. Sie wird solidarisch von allen Arbeitnehmenden prozentual zu ihrem Einkommen bezahlt – wer mehr verdient, bezahlt mehr, wer weniger verdient, bezahlt weniger. Die Maximalrente ist aber für alle gleich, nämlich bei rund Fr. 2’400.- Damit man diese erreicht, muss man jedoch über die gesamte Arbeitszeit von 45 Jahren jährlich ein AHV-pflichtiges Einkommen von Fr. 85’000.- versteuern. Die durchschnittliche Rente liegt eher bei Fr. 2’000.- Wie existenzsichernd das in der Schweiz ist, lässt sich leicht beurteilen.
.Jetzt aber die richtig schlechte Nachricht; der NOVARTIS-Chef bekommt pro Jahr läppische Fr. 16’000’000.- Lohn und bezahlt dafür Fr. 1’400’000.- in die AHV ein, Er bezahlt damit AHV für knapp 80 Personen. allerdings verdient er auch soviel wie 160 Personen mit einem Durchschnittseinkommen von Fr. 100’000.-. UnternehmerInnen haben es da etwas leichter; die Blocher-Schwestern (EMS-Chemie…) zahlen sich einfach etwas mehr Dividende aus, die von der AHV befreit ist, letztes Jahr geschätzt läppische Fr. 300’000’000.-

Und sonst noch?

Allein Seniorinnen und Senioren leisten in der Schweiz Freiwilligenarbeit von geschätzten 160’000’000 Stunden, was bei einem angenommenen Stundenlohn von Fr. 50.- einem Ertrag von rund Fr. 8’000’000’000 entspricht. So wären viele Familien heute gar nicht in der Lage, gemeinsam zu arbeiten, wenn nicht Opa und Oma Betreuungsarbeit leisten würden – dafür sind die Möglichkeiten der Kinderbetreuung einfach zu teuer. Von einem Kitaplatz für € 350 wie in Deutschland mag man hier nur träumen.

Die Alten kriegen Kohle, die Jungen bezahlen – unfair?

Zuerst einmal – die heutigen Alten haben ihr Leben lang in die AHV einbezahlt und dabei nebenher den Wohlstand erarbeitet, von dem wir heute profitieren. Für viele von Ihnen war beispielsweise ein Studium nie ein Thema, weil dazu schlicht das Geld fehlte. Und insbesondere viele Frauen konnten weder in die AHV noch in eine Pensionskasse einzahlen, weil sie nicht „arbeiteten“, sondern „nur die Kinder grossgezogen und den Haushalt gemacht haben.

Und ja, jetzt kriegen die Alten davon einen Teil zurück. Scheint mir irgendwie fair, oder?

By the way – all jene Stimmen in den Medien, die sagen, die RentnerInnen bräuchten diese Erhöhung gar nicht – meist tragen sie Anzüge und Deux Pièce und können mit einer Maximalrente, einer gut gefüllten Pensionskasse, Beiträgen aus privater Vorsorge rechnen und haben ein gutes Vermögen. Das ist auch okay, dafür haben sie etwas geleistet – es können aber nicht alle Menschen unternehmerInnen sein oder Banker oder erfolgreiche Versicherungsbroker.
Fragen wir doch einmal die mindestens 10 Prozent der RentnerInnen, welche armutsbetroffen sind oder die rund 10% RentnerInnen, welche Ergänzungsleistungen zu Gute hätten, diese aber nicht einfordern, weil sie damit überfordert sind oder sich schämen oder beides.

Klar, die Demographie spricht gegen die Jüngeren – die Beitragszahlenden nehmen ab, die Bezüger zu. Ich darf aber beruhigen; die „Babyboomer“, die aktuell pensioniert werden, sind so in ca. 20 Jahren weitgehend verstorben, dann sinkt die Last wieder. Wenn Grosi stirbt, darf man sich mit Blick auf die Rente also auch ein wenig freuen – uff!
Dass die Alten die potenziellen Mehrkosten bereits heute mit ihrer Freiwilligenarbeit mehr als wett machen, habe ich oben schon erwähnt. Dass aber immer mehr von ihnen bereits heute länger arbeiten, weil sie dringend gebraucht werden, ist auch nicht ganz ohne – sie bezahlen dann nämlich auch weiter in die Sozialwerke ein.
Und die Jungen? Die verdienen heute deutlich mehr, viele können sich Teilzeitarbeit leisten, bleiben im Durchschnitt länger zuhause wohnen (bei den Alten). Da bin ich nicht neidisch darauf sondern freue mich, dass unser Wohlstand das möglich macht.

Wer soll das bezahlen?

Fr. 7’000’000’000.- sind zugegebenermassen viel Geld, und es wird irgendwo her geholt werden müssen. Das mag bei den Lohnbeiträgen sein oder bei der Mehrwertsteuer – wir reden da aber von Kosten von ca. 1 Prozent. Es gibt Berechnungen, dass das bei einem durchschnittlichen Einkommen ca. Fr. 20.- pro Monat ausmacht. Ernsthaft, das soll uns ruinieren?

Cool finde ich, dass sich die Initiative für die 13. Rente nicht zur Finanzierung äussert. Das Volk entscheidet, und die von uns bezahlten Politikerinnen sollen sich diese Gedanken dann machen – das ist ihr Job! Vielleicht realisieren die Politiker dann für einmal, dass man nicht jede Abstimmung mit Angstmache und Appellen gewinnen kann?

Und jetzt?

Jetzt können wir die Initiative zur 13. Altersrente annehmen und jene zum höheren Rentenalter ablehnen und damit ein Signal nach Bern senden, dass sich die Schweiz ein würdiges und faires Alter leisten kann und leisten muss!
Muss jede/r selber entscheiden – an besten alle so wie ich 😉

Dieses Video kann ich übrigens auch noch empfehlen, eindrücklich und nachdenklich machend.

https://www.facebook.com/100003617352788/videos/707020018210756/