STARS IN TOWN – Joya Marleen und ihre Pullovergang

STARS IN TOWN – Joya Marleen und ihre Pullovergang

Ja, liebe Rock- und Metalfreunde – manchmal muss man ausserhalb essen, um zu realisieren, wie gut es bei Muttern schmeckt. Nach Danko Jones, Royal Republic und den Toten Hosen vorgestern, standen gestern Joya Marleen, Gavin James und Zucchero auf dem Programm.

Bilder und Text Danny Frischknecht

Bei der Akkreditierungsanfrage beim STARS IN TOWN war für mich klar – ZUCCHERO gehörte definitiv zum Auswärtsmenu. Mit der Musik, der Power und der Kreativität dieses Cantautore bin ich aufgewachsen, er hat mich über Jahre begleitet – dazu aber mehr in einem folgenden Bericht.

Jetzt stand zuerst einmal „Lismer-Pop“ auf dem Programm. „Lismer-Pop“? Ein Lismer ist da, wo ich herkomme, ein Pullover, üblicherweise aus Wolle und „glismet“, also gestrickt. Und ja, zwei der drei Begleitjungs trugen einen solchigen in der Variante Kurzarm. Wer JOHANN KÖNIG kennt, weiss, was ich meine. Und der Keyboarder, der nur Keyboard spielte, hatte so ein Teil in der modernen, kunstfasrigen Variante an. Adrett gekleidet war jedoch die Frontfrau, schwarze Hose und orange Jacke fein abgestimmt, dazu die blaue Gitarre und die rote Sonnenbrille – modisch kann man da gar nichts sagen.

Kommen wir zurück zum Lismer-Pop. Das klingt auf den ersten Blick möglicherweise despektierlich, negativ. So ist es aber nicht gemeint. Mir ist der Ausdruck eher in den Sinn gekommen, weil neben den Kleidungsstücken auch die Musik so rüberkam – kuschelig, bequem, eher nicht auf- oder anregend. Bevor hier jemand motzt – das ist meine persönliche Meinung, von der ich weiss, dass zumindest das Team von SRF 3 sie nicht teilt, war doch Joya Marleen „Best Talent“. Zudem hat sie SMI’s gewonnen. Das hat weniger mit dem Swiss Market Index zu tun als mit den Swiss Music Awards. Dort kriegt man als Gewinner einen hässlichen Betonklotz, und die Veranstalter haben sich wohl etwas dabei überlegt, dass es keine Sparte „Punk“ oder „Polit-Rock“ gibt – das hätte sonst wieder bös herauskommen können, an der Bahnhofstrasse oder so.

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Wenn Joya Marleen sich also anständig benimmt und keine Zicken macht, wird sie ihren Weg gehen, getragen von den Sympathien des Publikums und des nationalen Radiowellenverbreiters vom Leutschenbach. Sie wird an den einschlägigen Festivals spielen, an Konzerten und möglicherweise mal wieder als Gast im Schweizer Radio oder TV. Soweit so gut – man mag es der jungen, sehr sympatischen, aufgestellten Frau gönnen, die an diesem Nachmittag mit soviel Spass und Spielfreude vor das Publikum tritt und ihm Freude bereitet.
Klar, meine Musik ist das nicht, und ich habe auch nur einen Song „erkannt“ und einen „gekannt“. Der erkannte ist von der Künstlerin und läuft halt häufig im Radio – den Titel kenne ich trotzdem nicht. Der Gekannte hingegen heisst „Believe“ und ist ein Cover von CHER. Was mich etwas traurig macht – da steht eine Frau auf der Bühne, die eine wirklich gute Stimme hat, aber diese Mainstream-08:15-Pop singt, bei dem die Wahrscheinlichkeit, dass man sie in fünf Jahren noch kennt, gegen null tendiert. Und das ist schade – eben wegen der guten Stimme. Aber wer weiss, möglicherweise gelingt es ihr ja noch, eine eigene Identität zu entwickeln (musikalisch), die sich vom Einheitsbrei abhebt und ihr ein Alleinstellungsmerkmal gibt. Beispiele dafür, dass man damit nachhaltigen Erfolg haben kann, gibt es – beispielsweise mit Ausnahmestimme und Rampensau STEFANIE HEINZMANN.

Als Fazit kann ich aber festhalten; wem diese Musik gefällt, der wurde gut und sehr sympatisch unterhalten von einer jungen Frau mit guter Stimme, die noch Zeit hat, um Profil und musikalische Individualität zu entwickeln.