SPEED LIMIT – Joe Eder im Gespräch

SPEED LIMIT – Joe Eder im Gespräch

ROCKNEWS hat den Gitarristen Joe Eder mit mehr oder weniger intelligenten Fragen zu ihrem Album “The Broken Record – Chorus Sound Tapes“ gelöchert.

Danny Frischknecht

SPEED LIMIT sind Steven Hogger (Lead Vocals), Chris Angerer (Guitars), Joe Eder (Guitars), Chris Pawlak (Bass) und Andreas Rethmeier (Drums). Die Band spielte von 1984 bis 1994, bevor sie sich auflöste. 2008 kam dann das Comeback, seither sind die Jungs wieder unterwegs.

RN:     Hi Joe. Was genau bringt eine Band dazu, ein Album zu veröffentlichen, das 35 Jahre alt ist?

JE:      Unser Label-Boss Philipp Gottfried (NRT-Records) ist auf die Aufnahmen von 1990 in mieser Bootlegqualität gestoßen und hat uns überredet, das herauszubringen. Mittlerweile sind wir – nachdem ich die Original-Mastertapes nach längerer Recherche ausfindig hab machen können – auch Feuer und Flamme für «The Broken Record», weil es sich richtig gut und frisch anhört und anfühlt und zudem jede Menge Erinnerungen wachruft. Außerdem denken wir hier auch an unsere langjährigen Fans, die das Material wohl überaus wohlwollend aufsaugen werden. Eine weitere gute Möglichkeit hier «Danke» zu sagen.

RN:     Warum sollte man sich das Album zulegen?

JE:      Sag du es mir – warum schreibt Ihr darüber? Es ist ein einzigartiges Zeitdokument aus einer Zeit, die heute viele – gerade auch im Hard & Heavy -als «die glorreichen Jahre» bezeichnen. Spannend ist vor allem auch, dass es jetzt erstmals für eine breitere Öffentlichkeit hörbar gemacht wird – eine Zeitkapsel sozusagen. Außerdem ist es authentisch und echt, also nix retro, echt vintage. Es sind wirklich großartige Tracks drauf. Nicht nur einige unveröffentlichte Songs wie das edgy «Telling a Tale» oder «Rock N Roll Insanity», das grandiose «It Ain´t Easy» aus den ganz frühen Tagen oder das speedige «After Midnight», auch die Klassiker «Fly With The Eagle» oder «Head Over Heels» und die doch spannenden Alternativ-Versionen von Songs, die dann später auf «Perfect Inspiration» erschienen sind, können wirklich begeistern.

RN:     Ebenfalls 35 Jahre alt sind die Fotos, die ihr mitliefert – eine Reminiszenz an die alten Zeiten oder eher, weil die Lederhosen von damals nicht mehr ganz sitzen 😉 ?

JE:      Du wirst lachen, aber ich habe sowohl Jacke und Hose von diesem Foto noch – und beides passt noch. Ohne Scheiss, alle (aktuellen) Mitglieder von Speed Limit sind momentan wahrscheinlich fitter und gesünder unterwegs als anno dazumal.

RN:     Wenn du zurückdenkst, wie würdest du dich als Zwanzigjährigen beschreiben?

JE:      Es ist wirklich spannend: Mit dem intensiven Beschäftigen mit den wiederentdeckten Aufnahmen gingen natürlich viele Erinnerungen einher. Es ist unglaublich faszinierend wieviel Joe Eder auch schon in dem knapp 23-Jährigen gesteckt hat. Ich war enorm produktiv und kreativ – es ist gerade aus mir herausgesprudelt – das habe ich erst viel später kapiert, dass nicht alle Menschen so funktionieren. Ich habe damals schon Gitarren geliebt, hatte eine Vorliebe für extravagante Outfits und habe viel und gescheit daher geredet, obwohl ich eigentlich ein schüchtener Mensch bin. Mit Sicherheit war ich ein wenig unvorsichtiger als heute.

RN:     Wenn dein Leben verfilmt werden würde, welchen Titel müsste er haben, wen würdest du die Hauptrolle spielen lassen und was für ein Genre würde es werden?

JE:      Über den Titel muss ich noch nachdenken, aber für die Hauptrollen hätte ich Kandidaten: Johnny Depp oder wenn der keine Zeit hat Jason Momoa. Mit beiden teile ich ja das Schicksal, dass wir passionierte Gitarrenliebhaber und -sammler sind und seit frühen Jahren einem anderen Brotjob nachgehen müssen, um die wahre Passion und Berufung zum Rockstar zu ausleben zu dürfen. Zurück zum Titel: Vielleicht «Good Year For Bad Habits» oder «Step Out Of The Line» beides Songtitel von Speed Limit. Das Genre ist wohl einzuschränken auf Action/Abenteuer bzw. Romantik, oder gleich ein pompöses Historienepos? Science Fiction fällt wohl oder übel raus.

RN:     Es gibt viele «alte» Bands, die nach Jahren wieder anfangen, Musik zu machen oder solche, die im «reifen» Stadium Alben veröffentlichen, die zu ihren besten gehören (SAXON, JUDAS PRIEST…). Wird man von euch ebenfalls neues Material zu hören kriegen?
Und, wird man euch live hören können?

JE:      Mich wundert, dass dir nicht bewusst ist, dass wir seit 2008 wieder reformiert regelmäßig Alben herausbringen und zuletzt 2023 mit «Cut A Long Story Short» ein aktuelles Album am Start haben, vielleicht unser bestes? Live gibt es uns auch regelmäßig zu erleben. Gute Gelegenheit dazu gibt es jedenfalls am 3. Oktober 2024 im Rockhouse Salzburg, wo wir unsere große 40 Jahre Jubiläums-Show inszenieren werden.

RN:     Wenn du an die vielen Jahre zurückdenkst, die du Musik machst, was hat sich in der Musikszene am meisten verändert?

JE:      In den Anfangsjahren war das Vorhaben eine Band zu gründen und sich weiter zu entwickeln eine richtige Challenge: Es gab ja kaum Vergleiche – um seine Helden zu sehen, musste man meist weite Strecken fahren. Es war wirklich viel Einsatz und Spucke notwendig um halbwegs adäquates Equipment zu ergattern. Viel Geld, Engagement und eben auch unabdingbares Wollen war notwendig um z.B. eine LP Produktion auf die Füße zu stellen. Es gab nur die Möglichkeit in teure Tonstudios einzumieten oder eben auch einen Plattendeal mit entsprechendem Vorschuss zu ergattern. Dafür konnte man aber auch durchaus respektable Erträge über Platten- bzw. CD-Verkäufe einstreifen. Ein Publikum war hungrig und leichter vom Ofen hervor zu locken als heute, wo mittels Youtube oder Spotify alles geradezu kostenfrei ins Schlafzimmer geliefert wird.  Dafür war die Interaktion und Kommunikation mit dem Publikum und Fans außerhalb der Konzertsituation bzw. mit Veranstaltern, Labels, Medienpartnern komplett auf Telefon oder Post reduziert. Kein Facebook, Messenger, Whatsapp, Insta, TikTok u.a, anfangs auch keine E-Mail, Internet. Dadurch war die Szene auch viel kleiner, aber man kannte sich meist persönlich.
Zurückblickend hat vieles natürlich den Schleier der Nostalgie, aber wir wollen diese Zeit nicht missen und wahrscheinlich ist das auch die Basis, warum wir noch immer eine Band aus Kumpels sind. Und glaub mir, wir wissen, dass das Gold wert ist.

RN:     Wenn dich heute ein Sechzehnjähriger fragen würde, ob er voll auf die Musik setzen soll, was würdest du ihm antworten?

JE:      Uneingeschränkt ja! Das Leben findet einen Weg, Qualität wird sich irgendwann durchsetzen. Er wird früh genug merken, dass das Musikmachen diese Frage nicht zulässt. Das Musikmachen ist keine Entscheidung. Die Musik bzw. Inspiration findet dich und nicht umgekehrt. Hier geht es um Kategorien wie Leidenschaft, Passion, der innere Drang, Feuer… Da gibt es keine zwei Wege….

RN:     Was braucht es aus deiner Sicht, damit eine Band erfolgreich sein kann – abgesehen von guter Musik?

JE:      Leidenschaft und Hingabe, natürlich ist das auch mit Arbeit und Zeit investieren verbunden. Alles andere kannst du nicht beeinflussen. Wie gesagt: Das Leben findet einen Weg. Qualität wird sich irgendwann durchsetzen.

RN:     Gibt es einen initialen Grund, warum du Gitarre spielen gelernt hast? Und welche Gitarristen haben dich beeinflusst?

JE:      Nicht wirklich bewusst. Irgendwas in mir hat offensichtlich ein Ventil gesucht um Energie umzuwandeln und in Form der Gitarre gefunden. Klar waren da auch Idole wie Beatles oder Rolling Stones und dann vor allem Ritchie Blackmore und Deep Purple oder AC/DC mit Angus Young, die hier die Richtung vorgaben. Als ich dann meine erste richtige E-Gitarre hatte, waren es vor allem Leute wie Gary Moore, Michael Schenker, Vivian Campell oder Yngwie Malmsteen, die mich in frühen Jahren beeindruckt haben.

RN:     Ihr spielt «klassischen» Hardrock. In diesem Genre gibt es ziemlich viele neuere und ältere Bands – was würdest du als euer Alleinstellungsmerkmal bezeichnen?

JE:      Ich denke, es gibt im aktuellen Hard & Heavy wenige Bands, denen trotz hart riffigen Gitarren mehrstimmige Gesangshooks derart auf dem Herzen liegen, und die diese auch live ohne Sample-Einspielungen umsetzen vermögen. Wir singen alle live, also vier Stimmen. Dass wir richtig gute Songs schreiben können, wissen wir definitiv. Wenn du so willst, wirst du auch wenige Hardrockbands finden, bei denen der Drummer die Leadvocals übernimmt. Wobei wir hier von der aktuellen Besetzung reden.

RN:     Ihr habt euch zudem damals an zwei Cover gewagt, die man nicht direkt mit eurem Style, eurem Genre verbinden würde. Wie seid ihr gerade auf diese Titel gekommen?

JE:      Also, Don´t Haha war damals schon länger als Partykracher in unser Live-Set integriert, da war es naheliegend, das auch mal aufzunehmen (übrigens auch auf „Perfect Inspiration“ vertreten) und „Beat It“ haben wir auf Vorschlag und Drängen unseres Labels damals einer Überarbeitung zugeführt. Aktuell spielen wir keine Coverversionen.

RN:     Musik aus den Neunzigern klingt heute manchmal technisch etwas «aus der Zeit» gefallen. Habt ihr das Album aufgefrischt, mit den heutigen technischen Möglichkeiten optimiert?

JE:      Nein!

RN:     Ich habe in meiner Review geschrieben, dass euer Album wie eine Art «Mixed Tape» wirkt – einfach von einer Band. Was meinst du dazu?

JE:      Ja, das kann ich nachvollziehen. Das ist heute nach wie vor so, dass Speed Limit stilistisch breit gefächert aufgestellt ist und – was ja viele Rezensenten nicht nachvollziehen wollen – hier im weiten Feld des Hard & Heavy „schamlos“ von Schublade zu Schublade springt. Es mag an der Tatsache liegen, dass wir 3 Songwriter in der Band haben und hier gerne Arrangements ausprobiert werden. Es wäre nichts langweiliger als immer wieder gleichklingende Songs zu schreiben.

RN:     Ihr standet damals «kurz vor dem Durchbruch» und macht bis heute Musik. Hast du eine Idee, was für den «totalen Durchbruch» gefehlt hat?

JE:      Nein! Wie gesagt, wir können das ohnedies nicht beeinflussen. Wir können nur probieren weiterhin die bestmöglichen Songs zu schreiben. Was wir mit Freude und Hingabe machen.

RN:     In einem Interview hat mir DORO PESCH einmal gesagt, dass der Grunge in den Neunzigern beinahe den Metal zerstört hätte. Wenn dem so ist, wart ihr einfach zur falschen Zeit am Start?

JE:      Naja, Speed Limit gibt´s seit 1984, also lange bevor Grunge und die «Holzfällerhemden-Fraktion» mit 3 Akkorden und reichlich Teen Spirit von klugen «Spin-Doktoren» an die Hitparaden Geldmaschine gehievt wurde, was man den Band an sich nicht vorwerfen darf. Und ja, 1994 hat sich Speed Limit aufgelöst, weil eben der Zeitgeist hier nicht mehr mitwollte. Keiner von uns hat damals mit Musikmachen aufgehört, nur waren eben andere Projekte am Laufen. Umso mehr war dann ab 2008 wieder das gemeinsame Loslegen unter dem Speed Limit Banner angesagt. Es sind ja die Rufe nach einer Wiedervereinigung nicht verstummt, und so hat es wahrscheinlich sein sollen. An der Live Front mit Supportshows und Tourneen mit Nazareth, Uriah Heep, Manfred Mann u.a. und dem 2010er Comeback-Album «Moneyshot» ging es ja darauffolgend gleich richtig zur Sache. Derzeit scheint auch kein Ende in Sicht.

RN:     Wo steht ihr heute? Gibt es da noch die Idee von: «Jetzt werden wir es schaffen, jetzt starten wir durch.» Oder macht ihr Musik aus Spass, als Hobby?

JE:      Ich verstehe die Frage nicht! Siehe Antworten zuvor.

RN:     Kommen wir nochmals etwas zu dir als Person. Wenn ich deine Bandmates fragen würde, was deine schlimmste Macke ist, welche Antwort würde ich kriegen?

JE:      Mein notorisches Gitarrensammeln.

RN:     Ausser eurer eigenen Musik – was hörst du dir für Bands, Alben, Genres an? Und gibt es Musik, die dir absolut nicht passt?

JE:      Natürlich in erster Linie der klassische Hardrock, allen voran Thin Lizzy, Gary Moore, Deep Purple (und Splitgroups), Judas Priest, Iron Maiden, AC/DC, Krokus, Gotthard gerne auch deutscher Classic Metal weil wir eben viel gemeinsam haben.
Klarerweise stehe ich auf Bands, mit denen wir die Bühne teilen durften wie Uriah Heep, Manfred Mann, Nazareth, Pretty Maids, Pink Cream 69, U.D.O., Shakra, Kissing Dynamite, Bonfire, Axxis, Chroming Rose u.v.m.
Aktuell läuft Grand Slam, Queensryche, Alcatrazz, Judas Priest aber gerne auch Peter Green, Snowy White, Rory Gallagher…

RN:     Was würdest du heute als die wichtigste Leistung in deinem Leben bezeichnen?

JE:      Ich würde es nicht als Leistung bezeichnen, aber das wichtigste in meinem Leben sind meine 3 Kinder…. Und vielleicht meine Gitarren.

RN:     Wenn du unter sämtlichen Menschen wählen könntest, tot oder lebendig, wer wäre dein idealer Gast zum Abendessen.

JE:      Phil Lynott ohne Zweifel. Mich faszinierte dieser Mensch sei jungen Jahren mit allen seinen Widersprüchen, seiner schwierigen Herkunft als «schwarzes Baby in Irland», seinen Süchten, seinem zerstörerischen Umgang mit seinem Übermaß an Liebe, Kreativität und künstlerischem Output, seiner Poesie, seiner Musik, seinem Charisma und dem Bewusstsein darüber, dem Wissen über die Gefahren, die schlussendlich zu seinem Tod führten. (Anm. der Red. an die ganz Jungen unter euch, Lynott war Sänger von Thin Lizzy und verstarb 1986)

Joe, ich danke dir für die Zeit, die du dir genommen hast und wünsche euch mit dem Re-Release eures Album viel Erfolg.

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