Sonisphere – Schlammbaden statt Schönsaufen
Der Bauer und seine Kumpels stehen am Strassenrand, weisen Autos auf ihre Wiesen ein, kassieren und lächeln selig.
Dies aus Freude darüber, dass sie an diesem Wochenende richtig Kohle machen werden oder darüber, dass sie jetzt schon wissen, dass sie später mit dem Herausziehen der Autos ihre Traktoren refinanzieren. Leicht dreist, dass Sie dann über die komischen Figuren grinsen, welche sich in lockeren Kolonnen ins Tobel bewegen, wo der „Saulärm“ herkommt.
Was soll’s, meine Zuhälterblache, die Lederhose und die guten, halbhohen Schuhe werden mir noch gute Dienste leisten.
Ich bin etwas spät, Slayer spielen bereits. Ist aber nicht so tragisch, die spielen nämlich schön laut. Eingang – Ticketkontrolle, dann wird das erste Schlammfeld sichtbar. Könnte auch ein See sein, wenn da nicht die Farbe wäre und das Wissen, dass hier eigentlich eine Wiese sein müsste.
Und dann die Security – keine Chance zum Durchschmuggeln der Digicam. Und da Blogger noch nicht so wichtig sind und keine Akkreditierung erhalten, muss die Handycam reichen. Rucksack mit Cam an der Garderobe abgeben – Metalkonzert und Garderobe 😕 Strange!
Slayer brettern noch immer, während ich mich im Pulk am Rande des zweiten Schlammfelds Richtung Bierzelt schleppe. Der Sound kommt qualitativ gut rüber, die Jungs um Kerry King und Tom Araya sind gut drauf und die Sonne zeigt sich auch. Allerdings; no hope, der Schlamm wird nicht trocknen.
Mittlerweile haben Megadeth die grosse Bühne geentert und legen auch schon los – Vollgas ist angesagt. Wie Vic Rattlehead rockt Dave Mustaine die Bühne, unterstützt durch Megadeth-Urgestein David Effelson, der seit diesem Jahr wieder dabei ist. Die acht Jahre Absenz haben nicht geschadet, der Leadgitarrist und sein Bassist fetzen, als ob sie ihre erste Tour spielen würden und nicht seit 25 Jahren unterwegs wären. So far, so good – so what?
Zwischendurch kriegt man ja auch Hunger – ich bin schliesslich nicht mehr der Jüngste, und Schlammwaten braucht ganz schön Energie. Also mal ab durch die Zeltinfrastruktur. Vorneweg; das Bier in den Plastikbechern ist eine Katastrophe – und das an einem Metalfestival! Immerhin, Nahrung ist genug vorhanden, die Auswahl gross und einzig die Sitzgelegenheiten etwas dünn – Boden ist ja weniger Thema.
Während ich mich mit Chicken Nuggets und Pommes – und der schon erwähnten Plörre – verköstige, dürfen Rise against auf die kleine Bühne. Zugegeben, schön laut sind die Jungs aus Chicago ja, so richtig Metal ist das aber nicht. Eher Punk, wobei die das ja nicht einmal bestreiten. Böse Zungen behaupten, dass Vegetarier und Veganer halt eben zu wenig Biss haben… Nichts desto Trotz – zwar nicht mein Fall, musikalisch aber in Ordnung. Und schliesslich sind die Jungs ja nicht nur Fleischverächter, ihr Handwerk haben sie allemal drauf.
Und dann; jetzt kommen die Opis zum Zug – auf der Bühne und davor. Motörhead legen los und zwar deftig: Lemmy Kilmister röhrt schon mal richtig böse los. Und sie ziehen ganz schön von der Leine – wenn nur der Sound nicht so grottenschlecht wäre. Laut; okay, muss sein! Bass; okay, muss sowieso sein!! Lemmis Stimme; okay, muss laut und böse sein!!! Aber warum um Gottes Willen schaffen es Soundmixer nicht, mal Bass mit Präzision zu liefern, der sich nicht überschlägt? Auch Metalheads wollen guten Sound, laut kann schliesslich Jeder. Schade, das hat die Freude auch an Ace of Spades getrübt. Zum Glück haben sie da noch nicht die langsame und akkustische Version gespielt wie im neuen Kronenbourg 1664 Werbespot. Da hätte man wahrscheinlich gar nichts mehr gehört.
Und dann, als die Sonne im Westen schon langsam untergeht, steigt sie auf der Bühne erst richtig auf. Man mag von Metallica halten, was man will. Viele Metalheads finden sie zu soft, in Jonschwil waren sie schlicht und einfach der Topact. Die Musik stimmt, der Sound ist genial – es geht also doch! und die Show schlicht perfekt. Da kriegt man etwas geboten für sein Geld. Das Programm besteht weitestgehend aus Songs der Alben „Metallica“ und „Death Magnetic“. James Hetfield und Lars Ulrich, Kirk Hammett und Robert Trujillo brauchen sich nicht zu verstecken. Sie spielen auch nicht einfach eine Nummer nach der anderen, sie legen eine „Choreografie“ hin, welche dann im bekannten Feuerwerk gipfelt, welches im wolkigen Jonschwiler Himmel schlicht gigantisch aussieht.
Dass viele Fans das Gelände nach Metallica verlassen ist nicht erstaunlich. Erstens sind viele nur wegen Metallica gekommen und zweitens ist es schon deutlich nach Mitternacht. Die zweite Festivalnacht ist kaum gemütlicher als die erste und nur eingefleischte Fans bleiben, viele wohl wegen Amon Amarth. Was man so hört, haben es die Wikinger auch schön krachen lassen. Zugegeben, als sie die Bühne enterten, war ich auch schon auf dem Weg nachhause.
Ach ja, ich hab meine Karre aus dem Wiesenparkplatz gekriegt, ohne der grinsenden Bevölkerung mit Landwirtschaftshintergrund nochmals Bachschisch zu geben. Zu einem Openair-Festival gehört manchmal Regen aber immer die Fähigkeit, seine Karre aus dem Dreck zu ziehen 😉
Die teilweise vernichtenden Kritiken zur Durchführung und den Zuständen kann ich nicht teilen. Das Konzert war, wie ein Metalevent sein muss, schön laut, schön friedlich und die Stimmung so gut, dass Regen und Schlamm nur die zweite Geige spielten.
Bleibt zu hoffen, dass das Sonisphere wieder nach Jonschwil kommt. Vielleicht ist das Wetter dann freundlicher, und sonst; so what?