„Ein reinigendes Gewitter“ – Chrigel Glanzmann von ELUVEITIE im Interview – part two!
danny@metalnews | Nach dem ersten Teil des Gesprächs mit Chrigel Glanzmann in Winterthur folgt hier der zweite Teil. Und auch dieser Teil ist nur etwas für Menschen, die lesen können – und es gerne tun…
Ein kleiner Ausflug in die Historie; vor gefühlten einhundert Jahren habe ich Chrigel ein erstes Mal interviewt – im Tourbus vor dem Z7. Damals wollte ich von ihm wissen, ob es eine Version 2 von „Evocation – The Arcane Dominion“ geben werde. „Selbstverständlich, aber frag mich nicht, wann das sein wird!“ und jetzt ist es soweit, „Evocation 2“ ist in der Mache.

„Wir sind momentan dabei, Aufnahmezeiten zu planen. Wir haben auch vor, einen Teil des Albums live aufzunehmen, also miteinander einspielen, jammen. Das haben wir so noch nie gemacht. Es ist heute überhaupt relativ selten. Mille Petrozza von KREATOR hat mir erzählt, dass sie das einmal mit einem Teil eines Albums gemacht.
Ich finde das geil, weil das authentischer, grooviger ist. Ich freue mich extrem auf das.
Musikalisch wird es rein akustisch, ausschliesslich über gallische Mythologie, das gesamte Album in keltischer Sprache. Stilmässig wird es ähnlich sein, aber ich denke, sogar noch etwas traditioneller, noch folkiger, urchiger.
Ich frage mich, ob sich dieses Keltending nicht irgendwann auslatscht, keinen Reiz mehr hat. Ich spreche Chrigel am Beispiel von AMON AMARTH darauf an, deren Frontmann Johan Hegg sich jahrelang gegen den Begriff „Viking Metal“ wehrte und das ihn am letzten Konzert im Z7 einholte, als er dem Publikum zurief; „Let’s do some fucking Viking Metal!“.

Chrigel erzählt, dass Johan und er in dieser Beziehung ähnlich ticken, sie beide ein wenig Nerds sind, wenn es um Korrektheit, um historische Genauigkeit geht.
„Es kommt darauf an; ich sehe es nicht so, dass wir eine Band sind, die so ein keltisches Ding macht, sondern wir sind eine keltische Band und schreiben irgendwelche Alben.“
Mit spürbarer Überzeugung, einer Art positiver Betroffenheit heraus erzählt er das und man darf gespannt sein, ob sich so ein „irgendwelches Album“ einmal umganz andere Themen drehen wird – nach EVOCATION II natürlich erst. Und das dürfte ja schon noch eine Weile hin sein.
Ich wollte von Chrigel wissen, ob nach dem Split mit einer neuen Sorgfalt an die Vervollständigung des Lineups gegangen wurde. Schliesslich steckt man einen solchen Abgang nicht so leicht weg, oder?
Das war furchtbar, eine Katastrophe, eine fucking Katastrophe, das ist so. Sei mal in einer Band, die eine fucking Anna Murphy hat und finde dann eine Sängerin, die in ihre Fussstapfen tritt. Hallo? Und bei Schlagzeug und Gitarre ist es vielleicht etwas einfacher, aber Ivo zum Beispiel ist heute noch einer meiner absoluten Lieblingsgitarristen. Ich denke zwar schon, dass wir mit Jonas eine Art Sechser im Lotto gewonnen haben, aber nevertheless, Ivo ist ein begnadeter Komponist – der auch einige Songs für ELUVEITIE geschrieben hat. Und ja, ich bin der grösste FOREST OF FOG – Fan ever. Und ich fiebere dem Album entgegen, denn das die Scheibe geil wird, ist klar.
Chrigel ist wirklich begeistert und erzählt, dass er schon vor zehn Jahren bei Ivo einen Track gehört hat und den hammerstark fand.
Ja, und da siehst du dann einfach alt aus, wenn du so Jemanden verlierst. Klar waren Alain und Jonas relativ schnell zur Hand, weil Raphi Alain kannte und ihn brachte. Und bei Jonas war es ähnlich. Kay kannte ihn etwas und beim Rumhören und -fragen hat dann unter Anderem Tommy Vetterli gesagt, dass das momentan „der“ Gitarrist in der Schweiz wäre. Und super war; als Raphi Jonas anrief, hörte sich der Alles geduldig und sagte am Ende „Endlich!“ Ich finde das einfach cool.

Michalina hat Chrigel kontaktiert, sie ist ein Metalcore-Fan und adaptiert Metalcore-Tracks für Drehleier. Ähnlich wie Alain und Jonas wurden sie zuerst als Aushilfen angefragt. Die grösste Herausforderung war aber die Suche nach einer geeigneten Sängerin. Cgrigel erzählt, dass sie über hundert Sängerinnen gecastet hätten, er in ganz Europa herumgetingelt ist und unzählige Frauen besucht und aufgenommen hat.
Es war ernüchternd. Es ist ernüchternd, wie viele schlechte Stimmen es gibt, die sich Sängerinnen nennen. Es ist halt schon so, es gibt wirklich nicht viele, die nur annähernd an Anna heranreichen. Anna ist der Wahnsinn, sie singt auf höchstem Niveau.
Jonas hat uns eine Sängerin empfohlen, von der er sagte, dass sie stimmlich der absolute Hammer wäre, die aber nicht gross Bühnenerfahrung habe. Sie hätten sich dann entschieden, doch mit ihr zu sprechen. Auf einer Bühne zu stehen könne man schliesslich lernen. Und so kam Fabienne zum Lineup dazu.
Angesprochen auf die Zukunft, auf ihre nächsten Projekte, sagt Chrigel:
Zuerst kommt jetzt das Akustikalbum dran. Wir werden im April im Studio sein und aufnehmen. Wir haben jede Menge Ideen und studieren an Videos herum. Das ist für uns etwas Besonderes, auch inhaltlich eine Herausforderung.
Daneben entwickelt sich aber schon neues, tauchen neue Metalideen auf. Und wir freuen uns auf den Festivalsommer, auf die Auftritte vor den Fans.
Wir sehen das als Chance, alles, was bisher war, zu hinterfragen. Wir überdenken alles, unser Liveshow, unser Stage Setup. Nicht, weil wir denken, das müsse Alles anders werden, sondern wir nehmen es einfach zum Anlass, um Bilanz zu ziehen.
Wir haben uns mehr als eine Stunde unterhalten, haben über einen Split gesprochen. Darüber, dass der Unterschied zwischen grossen und kleinen Festivals nur die Bühne ist, der Platz, um niemandem auf die Füsse zu treten.
Ich erlebe einen Chrigel Glanzmann, der einmal mehr eine andere Seite zeigt, als man sie von der Bühne kennt. Da ist einer, der sich freut und dankbar dafür ist, dass er seine Musik spielen darf, dass er den Fans etwas zurückgeben kann.

Es steht und stand mir nicht zu, zu beurteilen und zu bewerten, was hinter dem Bruch zwischen Merlin, Ivo, Anna und dem Rest von ELUVEITIE steht. Es ist auch nicht wichtig. Wichtig aber – und das ist für mich die Erkenntnis aus beiden Gesprächen – wichtig ist, dass da Menschen sind und waren, die ein Projekt verfolgt haben, das sich stark verändert hat.
Was mich dabei beeindruckt und freut; nach dem „reinigenden Gewitter“ sind zwei neue Bands entstanden; ELUVEITIE personell verändert und verjüngt wie nie und CELLAR DARLING, wie einst Phönix aus der Asche. Beide sind sie da, das zu tun, was sich die Fans wünschen:
pure, fukkin heavy music!!!

Es war ernüchternd. Es ist ernüchternd, wie viele schlechte Stimmen es gibt, die sich Sängerinnen nennen. Es ist halt schon so, es gibt wirklich nicht viele, die nur annähernd an Anna heranreichen. Anna ist der Wahnsinn, sie singt auf höchstem Niveau.