Mittelalter-Phantasie-Spectaculum Weil am Rhein 2

Mittelalter-Phantasie-Spectaculum Weil am Rhein 2

Durch ein paar technische Schwierigkeiten hat sich dieses Update leider etwas verzögert, wir hoffen jedoch, dass euch unser Einblick/Rückblick auf das MPS Weil Am Rhein 2, 2018 trotzdem gefällt!

Text und Bilder: Yanik Bays und Alex Gautschi


Anreise, erste Eindrücke…

Heiss ist es, als wir am 30. Juni in Weil am Rhein ankommen – das Thermometer zeigt schon am Vormittag satte 30° C an. Mühsam schleppen wir unser Gepäck zum Dreiländergarten, holen am Haupteingang die Presseausweise ab und bahnen uns langsam unseren Weg zum Zeltplatz. Der Schweiss fliesst uns in Bächen den Rücken hinunter, während wir in der prallen Sonne die Zelte aufschlagen und unsere Sachen darin verstauen.

Um einige Gepäcks- und Kleidungsstücke leichter schlendern wir zurück zum Hauptgelände, wo wir uns als Erstes mit einer Flasche Wasser und leckerem Blaubeerwein belohnen. Programmmässig läuft noch nicht viel – Wir stöbern durch die unzähligen Marktstände, wo es beinahe Nichts nicht gibt. Gewänder, Waffen, Schmuck, Drachenfiguren, Trinkhörner und Kelche, Felle, Speis und Trank… Es mag banal Klingen, aber ich bin fasziniert von allem, und ich bin froh dass ich Yanik’s Kamera dabeihabe um möglichst viele Eindrücke einzufangen.


RAPALJE

Die Hälfte des Rundgangs haben wir hinter uns, als ich aus dem Augenwinkel (oder eher Ohrenwinkel?) Musik vernehme. Die Band der Stunde ist RAPALJE – vier kilttragende Niederländer präsentieren Irish Folk und, als sie unsere Kameras erblicken, mit viel Fotogenität, auch sich selbst.


FALKNER DER HERZEN

Unser nächster Stopp ist einer, der mich sehr beeindruckt – Wir besuchen den „Falkner der Herzen“, Achim Häfner, und seine Vögel. Achim erzählt uns von seiner Arbeit, seinen Projekten und über seine Schützlinge. Die Tiere, die er dabei hat, sind alles Therapievögel; Mit ihnen besucht er regelmässig das Kinderhospiz „Sterntaler“ und Menschen, die an Demenz erkrankt sind. Da die Vögel als Therapietiere natürlich alle Handzahm sind, dürfen einige im Publikum einen von diesen auf die Hand nehmen – selbstverständlich mit Schutzhandschuh – und ihn streicheln.

Nachdem er seine Vorstellung beendet, unterhalten wir uns ein Bisschen, jedoch nicht lange, da auch die Vögel heiss haben und dringend in ihr schattiges Zelt möchten, um sich auszuruhen.

Mehr über Achim, die Geschichte der Falknerei sowie Patenschaften für Vögel findet ihr auf www.falknerderherzen.de


RITTERTURNIER – präsentiert von Filmpferde.de

Es zieht uns weiter, wir sehen uns weiter das Gelände an und tätigen erste Käufe – ein Trinkhörner, Gürtel, Schmuck, Feldflaschen – bis ich bemerke, dass wir beinahe zu spät sind für das Ritterturnier! Meine Fresse, das lasse ich mir doch nicht entgehen, schon gar nicht, wenn Otto von Poppelsdorf auf seinem stolzen Schlachtross Herkules antritt! (Dass ich Pferde sowieso toll finde, spielt hier überhaupt keine Rolle 😉 )


SALTATIO MORTIS

Wir begeben uns in Richtung Hauptbühne – denn der nächste Programmpunkt ist das erste Konzert von SALTATIO MORTIS des Tages.

Ich feiere hiermit sogleich meine Konzertfotografiepremiere, denn ich darf ausnahmsweise auch in den Graben und knipse fleissig mit. Das Ergebnis ist eher mittelmässig, was nicht nur an meinem Untalent liegt, sondern vor allem an der prallen Nachmittagssonne, die Alea und Co gnadenlos ins Gesicht scheint. Die Erfahrung hingegen ist erstklassig! Vom musikalischer Sicht her waren sehr überzeugend, trotz der Hitze und der Sonne. Man merkte es an allen an, dass es nicht so angenehm war, aber die Gemütlichkeit blieb. Schade sang der Alea gar nicht während der ersten drei Songs. Dennoch ein Hit.


FEUERSCHWANZ

Nach einer Weile stehen und zuhören, hole ich uns eine neue Flasche Blaubeerwein (Vorsicht, Suchtgefahr!) und gemeinsam mit einer Freundin von mir, drehen wir nochmals eine Zweite Runde um das Areal und bleiben erneut beim Falkner der Herzen hängen, und zwar so lange, dass wir fast die nächste Band auf der Hauptbühne verpassen! Und das geht ja gar nicht bei FEUERSCHWANZ! Ich lege einen rekordverdächtigen Wahnsinns-Sprint hin und kann gerade noch so hinter die Absperrung schlüpfen, als Prinz Richard Hodenherz der III. anfängt; Mit den Worten: „Ich hätte da mal ne blöde Frage…“

Was die Menge zur Antwort schreit und was der darauffolgende Song ist, könnt ihr euch sicherlich denken… (kleine Bemerkung meinerseits, die Einleitung war geil!) Es war natürlich „Blöde Frage, Saufgelage!“.

Viel zu schnell sind die ersten drei Songs vorbei, wir müssen den Fotograben wieder verlassen. Dies bedeutet jedoch auch, dass ich ich die Möglichkeit habe, den Rest des Konzerts voll auszukosten. FEUERSCHWANZ geben kräftig Gas, die Leute machen mit – wehende Haare, wallende Gewänder, erhobene Hörner – 1A Partystimmung! Auf einmal wird es ruhig, als der Prinz ankündigt: „Unser Freund Philipp will heute jemandem etwas sehr Wichtiges sagen.“ Philipp, ein starker Bursche, in schwarz gewandet, mit Schwert und seinem Horn am Gürtel, betritt die Bühne und ruft seine Freundin zu sich. Obwohl es alle geahnt haben, ist der Moment speziell, als sie unten an der Bühne steht, vor ihm, er lässt sich auf ein Knie nieder. Und die Frage aller Fragen stellt. „Willst du mich heiraten?“

Ihre Antwort höre ich nicht, doch der Kuss den die beiden austauschen, und Philipp’s hoch erhobener Daumen sprechen für sich. Es wird gejubelt und das nächste Lied – das einzige langsame des Sets – ist allein den frisch Verlobten gewidmet.

Am Ende des Konzerts bin auch ich am Ende, das viele Rumhüpfen, Headbangen und die schonungslos niederbrennende Sonne haben mir zugesetzt, mein Kopf schmerzt, mir ist übel. Jedoch ist mir zu Ohren gekommen, dass Hauptmann Feuerschwanz und sein Gefolge eine halbe Stunde nach dem Auftritt an ihrem Merchstand erscheinen sollen, also versuche ich durchzuhalten. (Alias ich liege rücklings im Gras, drei Meter vom Merchstand entfernt und bete zu den Göttern, die halbe Stunde möge schnell vorübergehen). Kaum vernehme ich jedoch aus dem Augenwinkel, wie das Absperrgitter beiseitegeschoben wird, stehe ich wieder, kerzengerade. Zu viel bin ich zwar nicht mehr fähig, für Fotos und ein kleines Schwätzchen reicht es noch, aber danach ist Ende im Gelände, ich verziehe mich. *Mic drop*


SALTATIO MORTIS 2.0 (Yanik)

Nachdem Alex sich wegen der Übelkeit (wahrscheinlich durch einen Sonnenstich) zum Zelt begibt, um sich hinzulegen, laufe ich nochmals eine Runde. Da bemerke ich: „Oh, SALTATIO MORTIS spielen ja nochmals!“ Da man hier nicht vom Fotograben aus fotografieren darf (aus Sicherheitsgründen, wegen der Pyro, Feuergefahr) so achte ich mich gar nicht so auf die Zeit. Ich fotografiere halt nun aus der Ferne, so gut es geht, und geniesse ich den Rest des Konzerts noch. Auch hier ist die Stimmung mal wieder überragend, genauso wie auch die Soundqualität. Mich erfreut es noch zusätzlich, als das Lied „Wachstum über alles“ gespielt wird, denn dies ist eines meiner Lieblingslieder von ihnen. Nach einer Weile werde aber auch ich müde und gehe so langsam zum Zelt. Die Hitze merkt man schon sehr, auch wenn Mitarbeitende vom MPS zeitweise mit den Spritzwägen herumfahren, damit man so, nebst den „Regenschleusen“, noch eine weitere Abkühlung geniessen kann.


DES BRUDER RECTUS‘ MORGENMESSE

Wen sehen wir da, als wir am Tag darauf durch das Gelände streunen? Den Bruder Rectus der, begleitet vom hässlichen Hans und dem Tod, seine Morgenmesse abhält. Aufregung herrscht, denn heute wird geteert und gefedert! Denn Nonne Schwester Karma hat sich nämlich, entgegen der Regelung, offensichtlich ganze zwei Tage nicht rasiert und muss dementsprechend bestraft werden. So wie sie sich aber präsentiert, scheint sie sich daran nicht sonderlich zu stören, sie geniesst es geradezu, wie sie mit Teer (sprich: Melasse) eingeschmiert wird. Stolz zeigt sie ihre Unterhose, auf welcher Bruder Rectus, der Tod und der hässliche Hans abgebildet sind. Der Tod fühlt sich sichtlich geschmeichelt und betrachtet selbstverliebt sein Abbild auf dem Hintern der Nonne, während Rectus keine Stelle ungeteert (ja, auch Körperteile, die ich hier lieber nicht bei Namen nenne werden nicht verschont) und ungefedert lässt.

Nachdem der Sünderin ihre rechte Strafe zugefügt wird, findet der Ritterschlag statt – Der zum Ritter geschlagene ist Schweizer – Ein Basler um genau zu sein, und hat sich den Titel ehrlich verdient. Hundert Taler (Pro 20€ gibts 1 Taler) hat er ausgegeben für Beerenweine und wird jetzt belohnt mit dem Rittertitel und einem wundervollen Schwert; einem Zweihänder.

Die Zeremonie endet und wir haben das Glück, ein Selfie mit dem berüchtigten Tod zu schiessen.

Dieser fragt mich, ob ich nicht meinen BH ausziehen kann – Ähm hallo?! „Ich hab ’nen Freund.“ „Das ist egal, irgendwann hol‘ ich dich mir sowieso.“

Ich weiss nicht ob ich Angst haben oder lachen soll; Einen Flirt mit dem Tod hab ich mir dann doch etwas spektakulärer vorgestellt. Und so geht unsere Zeit hier am Mittelalter Phantasie Spectaculum auch zu Ende.


Heimreise und Fazit

Wir kehren zum Zeltplatz zurück, packen unsere Taschen und brechen unser Zelt ab. Mal wieder vor Schweiss triefend schleppen wir uns in Richtung Bahnhof. Da wir eine knappe Stunde warten müssen, entscheiden wir kurzerhand, uns in das nächtsgelegenste Café zu hocken, genügend Wasser zu trinken und uns abzukühlen. Die Stunde ist schnell vorüber, so zotteln wir auf den Zug, und später dann auf’s Tram nach Basel. Ganz knapp wird es, denn wir kommen mit ein paar Minuten Verspätung an und müssen innerhalb weniger Minuten durch den halben Bahnhof rennen.

Ja, wir haben es geschafft, MPS Weil Am Rhein 2 ist überstanden und wir dementsprechend nudelfertig. Aber es ist jede Sekunde wert gewesen und das nächste Jahr wieder im Hinterkopf vorgemerkt. 😉