Turunen im Komplex 457 in Zürich
Opening Act Hannibal, Aufwärmer Hollowhaze und als Krönung Tarja Turunen – so könnte das Fazit des Konzerts im Komplex 457 lauten. Was dabei noch fehlt ist die Beurteilung.
Vorweg; Hollowhaze waren unterirdisch, quasi im Dunst verblieben. Metal für Arme sozusagen. Die Band aus Bologna hat Nummern gespielt, welche als Hardrock durchgehen könnten, sie dann aber rhythmisch mit Metalspeed unterlegt, was nicht wirklich authentisch geklungen hat. Der Sänger hat sich wohl als eine Art Ian Gillan definiert, oft mit seiner Tenorstimme geschrien. Nicht so schlecht; in einem sauberen Rocksetting hätte man da richtig was draus machen können – als Deep Purple – Coverband vielleicht 😉 Was ich nicht so nett fand – aus Band- und aus Fotografensicht – no frontlight. So blieb Vieles im Verborgenen und meine Bildbearbeitungssoftware hatte mal wieder gut zu tun…

Hannibal erfreuten das Zuhörerherz dann bereits mehr. Die Jungs aus Griechenland gaben Gas, spielten wirklich metal. Der Sänger suchte den Kontakt zum Publikum und fand ihn mindestens teilweise. Es schien stark, dass der grosse Teil der Besucherinnen und Besucher wirklich nur wegen Tarja im Komplex waren. Hannibal waren nicht nur eine Steigerung zur Vorband – was ja eben nicht schwer war – sondern sie bereiteten auch die Bühne für die „Schneekönigin“ aus Finnland.
Und dann Tarja Turunen. Zuerst einmal; es nervt eigentlich, sie immer als die „Ex-Frontfrau von Nightwish“ zu bezeichnen. Ich höre jetzt sofort ach damit auf. Die finnische Sopranistin hat längst ihre eigene Identität, ihren eigenen Stil entwickelt. Spätestens seit ihrem Erfolgsalbum „What Lies Beneath“ ist Turunen Turunen. Und mittlerweile haben sich Nightwish – vor allem auch dank Sängerin Annette Olzon – in eine andere Richtung entwickelt.
Tarja selber wirkt auf der Bühne widersprüchlich. einerseits strahlt sie eine gewisse Unnahbarkeit aus, wirkt abgehoben und wie von einer anderen Welt. Und dann wiederum ist sie sehr herzlich, bedankt sich, freut sich, kommuniziert mit dem Publikum. Nach wie vor liegt eine grosse Spannung in der Mischung zwischen ihrer „klassischen“ Stimme und dem Metal ihrer Band – und auch dort sieht das Cello speziell aus.
Der Auftritt der finnischen Metaldiva ist gekonnt, das Image klar. Eine unnahbare Schönheit, Schuhe mit hohen Absätzen, ein Mantel, der sie etwas unförmig erscheinen lässt – goth-mässig. Ihre Bewegungen wirken fast, wie wenn sie auf Stelzen ginge. Ob es nun die Perspektive aus dem Fotograben ist, auf jeden Fall wirkt sie sehr gross. Ihr Gesicht ist kühl geschminkt und ihre Stimmlage trägt nicht gerade dazu bei, dass es wärmer wird. Und doch ist sie faszinierend, ihre Stimme trägt und ist klar, jeder Ton trifft. Eine enorme Kraft trägt sie, auch das hat mit der klassischen Ausbildung zu tun. bestimmt mag sie einen Konzertsaal mit ihrer Stimme zu füllen. Der Ventilator am Bühnenrand bläst ihr Haar nach hinten, die Beleuchtung – häufig in blau oder weiss – verstärkt die kühle Stimmung.
Ein mitreissendes Konzert, eine perfekt abgestimmt Band, durchkomponierte Songs – alles passt. Und doch ist es mir ein wenig zu künstlich, es fehlt etwas Wärme und Groove. Und auch das Publikum geht zwar mit, die Pommesgabeln stossen rhythmisch zur Bühne, so richtig „heiss“ wird es aber nicht. Der Weg nach Zürich hat sich – trotz der Vorband – gelohnt. Eine interessante zweite Vorband und ein technisch und musikalisch gutes Konzert von Tarja Turunen. Kann man wieder mal besuchen!
