THE SWITCH- „No Way Out“

THE SWITCH- „No Way Out“

Wer in den 80ern die LPs von Filmen wie ‚St. Elmo’s Fire‘ und ‚Top Gun‘ sein Eigen zählte, macht mit „No Way Out“ von THE SWITCH nicht viel falsch.

Stephan Lipp
8 von 10 Burning Headphones

80s Retro Melodic Pop-Rock aus Schweden und USA, zuhause bei Frontiers Records
Releasedate 12.09.2025

English Version below

Mit THE SWITCH ist ein neues Projekt am Start, welches auf den 80s Nostalgia Zug aufspringt. Beim Quartett um die Gebrüder Tom und James Martin – welche auch songschreiberisch für andere Künstler tätig sind – fragt man sich zwischendurch: „Ist das noch Rock“? Aber da bei allen Songs eine – wenn auch oft leise – verzerrte Gitarre vorkommt, beantworte ich das mal mit „eigentlich schon“.

Was THE SWITCH besonders macht ist, dass sich die Band nach einem fiktiven Film benennt und zu diesem gleich den ebenso fiktiven Soundtrack abliefert. Das Konzept geht auf. Wäre es „nur ein normales“ Album, würde man die Songs hören, mitsingen, mögen, oder auch nicht. Mit dem Hintergrund des fiktiven Filmsoundtracks aber gesellen sich zu den 10 Stücken plötzlich auch Bilder dazu. In meinem Fall – da die 80er für mich das typische Zeitalter für Coming-Of-Age Filme waren – erfindet mein Gehirn Bilder zu amerikanischen High-School-Teenie Filmen zu den Songs (auch wenn es gemäss Band-Bio im Film um eine Band geht, welche auf US Tour ist und mit dem Mob in Bedrängnis gerät, die Gitarren gegen Knarren tauscht und um ihr Leben kämpft). Auch spannend, dass die meisten Lieder über 4 Minuten lang sind. Im Zeitalter von Streaming gerade im Rock-Pop Bereich eher selten.

Den Einstieg macht „Danger On The Loose“, ein fluffiger Pop Rock Song, mit tollen Vocals und 80er Flair, wie es nicht anders zu erwarten war. Das ist nicht zuletzt dem Drumsound zu verdanken, der sehr komprimiert und elektronisch daherkommt. Ein paar schöne Tonartwechsel machen den Song spannend, während der Refrain zwar catchy ist, aber doch nicht ganz zündet. Alles in allem aber ein toller Einstieg, der Lust auf mehr macht.

Mit viel Synthies aber auch klassischer Eighties AOR-Synthpop Gitarre grooved sich „Play The Game“ in die Gehörgänge des Zuhörers. Der Song bietet zwar weniger Überraschungen als der Vorhergehende, weiss aber mit schönem Songwriting zu begeistern. In anders arrangiertem Gewand hätte der auch gut auf einem BAD ENGLISH Album landen können. Super melodiöser 80s Rock mit Pop-Appeal.

Da das Album ja ein fiktiver Soundtrack zu einem ebenso fiktiven Film ist, darf die klassische „die Protagonisten verlieben sich“ Szene nicht fehlen. „Young Hearts“ ist der passende Song dazu, während den Hauptdarstellern langsam bewusst wird, dass sie mehr als nur Buddies sind oder sich im Klassenzimmer mit übertrieben abschätzigen Blicken begegnen. Nein, hier sind echte Gefühle im Spiel, und wir dürfen das hautnah miterleben. Der Song auf dem Album, der den Spirit des Eighties-Coming-Of-Age Soundtracks wohl am besten einfängt.

Und was kommt nach der Erkenntnis, dass man sich eigentlich doch nicht so blöd findet? Genau, die Szene in welcher Junge und Mädchen zuhause schmachten, das Telefon anstarren und es doch nicht klingelt. Die Schmetterlinge im Bauch verunmöglichen es einem, still zu sitzen. Natürlich wird schön abwechslungsweise im Jugendzimmer des Mädchens gefilmt (sie liegt auf dem Bett, RICK ASTLEY und A-HA Poster zieren die Wand), und des Jungen (klassisch unaufgeräumt, zockt mit einem C-64, kann sich aber nicht konzentrieren und sieht in der Pixel-Prinzessin immer das Antlitz seiner Angebeteten welches damaligem CGI entsprechend eher schlecht auf die Pixel-Prinzessin projiziert wird).

Ja, „Search For Love“ ist ein Schmachtfetzen, der auf keinem Klassenfest hätte fehlen dürfen. Alle schon etwas angesäuselt weil der Klassen-Schreck die Bowle mit billigem Vodka versetzt hat und das Klassen-Küken hinter die Kunstpflanzen reihert. Ach, waren das schöne Zeiten.

Nun wird das Tempo aber wieder etwas angezogen. „Hangin‘ On To Seventeen“ ist, was man heutzutage als Synthwave bezeichnen würde und schlägt in die Kerbe von Bands wie THE MIDNIGHT oder GUNSHIP, welche diesen Stil zur Perfektion ausüben. Der Song treibt ordentlich voran und macht Laune. Der Refrain ist catchy und lädt zum Mitsingen ein und lässt einen – wie alle anderen Tracks auf diesem Album ebenfalls – von Zeiten träumen, als das eigene Haar noch voll und die Knochen geschmeidig waren.

Ein wenig Melancholie und etwas Tragik schwingen mit bei „No Way Out“, der sich als solide Mid-Tempo Nummer entpuppt, natürlich mit Mitsingcharakter. Breit, episch und überdimensional gross. Passend für die Beschallung eines Kinosaals also. Der Song, bei dem die Protagonisten alles in Frage stellen, mit sich und der Welt hadern, dem Kopf nachgeben wollen und nicht den Gefühlen. Und der Frage: Werden die Helden dieses Films irgendwann noch glücklich werden?

Was soll man sagen, auch bei „Young Gun“ kann man natürlich lauthals beim Refrain mitsingen. Der Song verleitet zum Kopfnicken und Fusswippen und wartet so mit ziemlich allem auf, was man bei einem 80s Retro Melodic Rock Track erwarten würde.

Wir schalten wieder einen Gang runter. „One Night With You“ ist, wie es der Titel vielleicht schon vermuten lässt, eine astreine Ballade. Vielleicht etwas zu berechnend und zu sehr auf „Es muss wie aus den 80ern tönen“. Holt mich nicht zu 100% ab und für mich bislang der schwächste Song auf dem Album.

Mit „Anytime“ gibt es eine weitere Mid-Tempo Nummer. Ganz solide mit schöner Hook im Refrain, die generell gut gelungen ist. Der Rest des Songs plätschert etwas vor sich hin. Kein schlechter Song, aber auch nicht herausragend.

Das Finale. Es wird nochmals dramatisch. Ein gebührender, wenngleich vielleicht nicht fulminanter Abschluss. Aber: Great Scott! Endlich ist es da. DAS 80er Instrument schlechthin; Die Gitarre teilt sich bei „Strangers Eyes“ das Solo mit einem Saxophon. Mehr 80er Flair geht nicht. Nun kann der Abspann kommen, das Licht angehen und wir gehen nach Hause. Vielleicht, nur vielleicht, wird der fiktionale Film „The Switch“ in 30 Jahren ein fiktionaler Kultfilm. Wir werden sehen.

Fazit

THE SWITCH erfinden die Musik natürlich nicht neu. Der Ansatz mit dem fiktiven Filmsoundtrack allerdings gibt den Songs eine weitere Ebene, in der man sich verlieren kann. Die Songs sind knackig, oft poppig (was für mich absolut stimmig ist) und „farbenfroh“ und mit 80er Drumsound produziert. Ein Album, das etwas wachsen muss, dann aber absolut Spass macht. Wer in den 80ern die LPs von Filmen wie „St. Elmo’s Fire“, „Breakfast Club“ aber auch „Top Gun“ sein Eigen zählte, macht mit THE SWITCH nicht viel falsch.

Tracklist & Coverart

  1. Danger On The Loose
  2. Play The Game
  3. Young Hearts
  4. Search For Love
  5. Hangin’ On To Seventeen
  6. No Way Out
  7. Young Gun
  8. One Night With You
  9. Anytime
  10. Strangers Eyes

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