Summerdays Arbon 2012 Kalter Kaffee?

Summerdays Arbon 2012 Kalter Kaffee?
Impressionen des SummerDays Festivals 2011 / Bild: http://www.summerdays.ch

Eine Akkreditierung für das Summerdays Festial in Arbon ist so eine Sache. Da sind auch grosse Metalzines wie Stormbringer keine wirkliche Empfehlung. Also mal wieder ein Ticket kaufen und hin an die Gestade des Obersees.Was bringt Jemanden dazu, am Freitagabend – dem Gruftie-Meeting – nach Arbon zu fahren? bestimmt Nostalgie, wenn man zu meiner Generation gehört. Schliesslich haben wir all das schon einmal gesehen und gehört – long time ago 😉 Hingegen ist die Gefahr, enttäuscht zu werden, ähnlich wie bei der sprichwörtlichen Buchverfilmung, die „nicht ans Original heranreicht“.

 

Nichts desto Trotz bin ich also auch gepilgert. DR. FEELGOOD, THE STRAITS, MIKE & THE MECHANICS, TOTO und die ORIGINAL BLUES BROTHERS BAND sind ja nun kein schlechtes Lineup. Leider habe ich – Zeitplanung und Verkehrssituation – von DR. FEELGOOD nur noch die zwei drei letzten Nummern mitbekommen. Aber die klangen so, wie sie klingen müssen und wie sie schon seit 1971 die Bühnen und Pubs dieser Welt rocken – auch wenn von der Originalbesetzung niemand mehr mit dabei ist.

The Straits

THE STRAITS, das ist quasi DIRE STRAITS für Arme oder ein Überrest oder eine Neuauflage – wie auch immer, für mich DIE grosse Enttäuschung. Klar messe ich Gesang und Gitarre an dem, was Mark Knopfler zu diesem Label beigetragen hat. Wer sich aber aufmacht, DIRE STRAITS „am Leben zu erhalten“, muss sich daran messen lassen. Und so kam es – leider – wie ich befürchtete. Die Band ganz ordentlich, aber etwa so spritzig wie ein Schluck abgestandenes Wasser. Der Gesang ähnlich dem des Urgesteins aber nicht mit annähernd soviel Charakter. Und die Gitarre – naja… Dass der zweite Teil des „Sultans Of Swing“ – Solos weggelassen wurde, ist symptomatisch für die mangelnde Qualität. Schlicht eine Band, die man aus dem Lineup hätte streichen können. Vielleicht sollten sich die Jungs ein Beispiel an Knopfler nehmen, die Vergangenheit ruhen lassen und sich neuen Projekten zuwenden. Revival ist anspruchsvoll und geht nicht immer gut.

Mike & The Mechanics

MIKE & THE MECHANICS waren dann von anderem Korn und Schrot. Mike Rutherford bleibt in der Wahrnehmung des Publikums auch immer der Gitarrist und Songschreiber von Genesis. Und damit hat er ja durchaus etwas geleistet. Hingegen hat er mit MIKE & THE MECHANICS schon seit 1985 eine eigene Identität entwickelt und eine äusserst erfolgreiche Band mit vielen Hita auf die Bühnen gebracht. Seit 2010 hat er mit Andrew Roachford als Nachfolger von Paul Carrack einen ausgezeichneten Sänger mit an Bord, der sich die Arbeit mit Tim Howar teilt. Ein Job Sharing der besseren Art. Mit dieser musikalischen Qualität und dem damit verbundenen Potential stand alles andere als eine „wir-spielen-schon-so-lange-darum-kommt-an-unsere-Konzerte“-Band auf der Bühne. MIKE & THE MECHANICS boten eine geniale Show. Und als Mike Rutherford mitteilte, sie wären jetzt älter und reifer geworden und könnten deshalb auch Genesis- und Roachford-Songs ins Repertoire aufnehmen, da waren auch die sentimentalen Fans eben jener Bands beglückt. Und ich gebe zu; auch mir wurde warm ums Herz, als „Follow you, follow me“ gespielt wurde. Zum Teufel, ich war auch einmal jung!

Toto

Mit TOTO betrat anschliessend eine Band die Bühne, welche über die Jahre ebenfalls so viele Hits geschrieben hat, dass sie damit locker ein 90-minütiges Set füllen kann. Und das haben sie auch beinahe getan. Und genau das hat man erwartet. Und genau das darf eine Band, deren musikalische Säulen nach wie vor auf der Bühne stehen – und zwar seit der Gründung. Der grossartige David Paich am Piano, der etwas weniger grossartige Steve Porcaro am Keyboard und Steve Lukather – nach wie vor einer der besten Gitarristen der Welt. Eine Band, die unzählige Nummer Eins Hits geschrieben hat, die 1983 sechs Grammys gewonnen hat und für weitere nominiert wurde, welche seit 2009 in der MUSICIANS HALL OF FAME aufgenommen ist und die Musik unter Anderem für Michael Jackson geschrieben hat – eine solche Band darf das! Und wenn sie es dann noch perfekt, mit Leib und Seele und mit einer unheimlichen Bühnenpräsenz tun – dann erst recht.Und Eddie Van Halen hatte bestimmt nicht ganz unrecht, als er 1993 im „Guitar for the Practicing Musician“ sagte; „To me TOTO as a band are collectively the best musicians on the planet“. Und dass der Regen es nicht schaffte, dieser Band die Show zu vermiesen, versteht sich von selbst.

The Original Blues Brothers Band

Zum Schluss das Abends – und immer noch in strömendem Regen – betrat eine weitere Legende die Bühne; die ORIGINAL BLUES BROTHERS BAND. Wer kennt den Film mit John Belushi und Dan Aykroyd nicht, diese sagenhafte Tour der Brüder Blues, welche unterwegs sind „im Auftrag des Herrn“, um ihr altes Kinderheim vor der Schliessung zu retten. Und da standen dann wirklich ein Haufen Grufties auf der Bühne. Teilweise bereits etwas wackelig wie „Blue Lou“ Marini oder mit nicht mehr ganz so flinken Fingern wie Matt „Guitar“ Murphy. Und sie taten nicht viel mehr, als die Songs des Films zu spielen. Aber wie sie das taten! Eine gute Stunde Rhytym and Blues, wie ihn nur diese Truppe spielen kann, Song an Song, die alle Kultstatus erreicht haben. Eine Band mit soviel Spielfreude und Engagement, dass sie das Eintrittsgeld wert waren. Das ganze hätte wirklich nur noch getoppt werden können, hätten Belushi und Aykroyd von irgendwo her die Bühne geentert. Aber das ist ja leider nicht mehr möglich, da sich sein Todestag diesen März bereits zum dreissigsten Mal jährte. r.i.p. „Joliet“ Jake Blues!

Enttäuschende STRAITS, etwas viel Regen bei TOTO und der ORIGINAL BLUES BROTHERS BAND; ansonsten war das Summerdays 2012 eine gelungene Auflage des stimmungsvollen Musikfestes am Bodensee. Und man darf gespannt sein, was sich die Macher für nächstes Jahr überlegen werden. Es wird wohl nicht das letzte Mal gewesen sein, dass sich zehntausend „nicht mehr ganz taufrische“ Menschen auf den Weg machen, um in Jugenderinnerungen zu schwelgen.

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