POLO NATIONAL – eine Ära ist zu Ende gegangen

POLO NATIONAL – eine Ära ist zu Ende gegangen

Viel ist nicht übrig geblieben in der Schweiz – vom Mundartrock Hofer’scher Prägung.

Ich dürfte knapp dreizehn Jahre alt gewesen sein, als ich an mein erstes offizielles Live-Konzert in die Reithalle Flawil pilgerte, um RUMPELSTILZ zu hören und zu sehen. POLO HOFER gab mit seiner Truppe ein Stelldichein, das ich nie vergessen werde.

Natürlich auch, weil es mein erstes Konzert war, aber auch, weil es ein Meilenstein in meinem Musikempfinden war. Rock gepaart mit Dialekt – neu und ungewohnt. Klar hatten MINSTRELS mit „Grüezi wohl Frau Stirnimaa“ schon Dialekt gesungen, auch Toni Vescoli sang schweizerdeutsch. Und trotzdem war neu, dass da einer Blues und Rock und Dialekt verband, anstössige Texte und linke Ansichten verständlich auf die Bühne brachte. Polo brach quasi die Kultur des politischen Engagements von der Welt in die Schweiz herunter, brachte uns WOODSTOCK etwas näher, machte seinen Geist greifbar für die überschaubare Ostschweiz.

ARCHIVBILD ZUM TOD DES SCHWEIZER MUNDARTROCK-SAENGERS POLO HOFER, AM SAMSTAG, 22. JULI 2017 – Portrait des Mundart-Rockers Polo Hofer im Restaurant Aarbergerhof in Bern, September 1990. (KEYSTONE/Alessandro della Valle)

Einige Jahre später hatte ich erneut das Glück, Polo in einem speziellen Umfeld zu treffen. Natürlich war es kein direktes Treffen, sondern er sass an einem Nebentisch im Anker in Interlaken. Würde ich heute frech und direkt ein spontanes Interview daraus machen, blieb ich damals ehrfürchtig sitzen und freute mich daran, so nah bei einem meiner damaligen Helden zu sein. Klar, meine musikalische Ausrichtung war damals schon härter, längst hatte mich das Metalvirus ergriffen. Und trotzdem, POLO war Kult, POLO war musikalische Identität für die junge, aufmüpfige Schweiz.

Und jetzt ist er nicht mehr. Seinen träfen Sprüche – „lieber vom Läbä zeichnet aus vom Rolf Knie gmalet“ – sind verstummt. Nach seinem letzten grossen Auftritt am Berner Hausberg 2015 ist es still geworden um POLO. Er hat den Kampf gegen den Krebs geführt, hat einen Etappensieg errungen aber das Rennen letztlich verloren. Und die Schweiz hat einen verloren, der Mundart und Rock verbunden hat, Schweizerdeutsch und Gesellschaftskritik und politisches Engagement. POLO HOFER war die Basis für ZÜRI WEST oder PATENT OCHSNER, die Gegenwelt von BASCHI und FLORIAN AST und PLÜSCH und LO & LEDUC. Auch wenn POLO immer mit dem Kommerz gelebt hat, Kompromisse eingegangen ist und es legitim fand, von der Musik zu leben – Mainstream ist er Gott sei Dank nie wirklich gewesen. Und wahrscheinlich würde er sich von all jenen, die ihn vermissen, die um ihn trauern, eines wünschen – dass sie sich engagieren und das Leben in vollen Zügen geniessen:

„D’Stüehl äwäg, mir bruuched Platz zum Tanze!“ Gute Reise POLO NATIONAL!

 

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