bünger – besser scheitern
Ob der Titel des Albums aussagt, ob es besser ist zu scheitern oder eine Anleitung dazu ist, wie man besser scheitert – das bleibt jedem selber überlassen. Dass der Hamburger aber ein geniales Album auf den Markt geworfen hat, ist meine objektive Meinung!
SVEN BÜNGER habe ich schon nach den ersten paar Takten zu meinem persönlichen deutschen Nick Cave befördert. Beinahe hätte er mein persönlicher deutscher Tom Waits werden können. Das ging dann aber doch nicht. Denn erstens ist Tom Waits nahezu heilig und zweitens ist Bünger zu wenig schräg.
„Besser Scheitern“ ist ein Album eines erwachsenen Mannes, der Sonnen- und Schattenseiten des Lebens durchschritten hat, daran gewachsen ist und nun in sich selber ruht. Okay, das ist vielleicht ein wenig pathetisch und passt somit schon wieder nicht zum Album.
Auf jeden Fall ist das Album rund, also musikalisch und textlich. Man hört, dass BÜNGER sich nach eigenen Aussagen an Johnny Cash, Udo Lindenberg und Van Morrison orientiert – und natürlich an oben erwähntem Tom Waits.
Die Musik lässt sich im breiten Genre des Singer-Songwriter – Schmelztiegels ansiedeln, nicht spektakulär aber gereift. Der „wildeste“ Song ist „Alles Das“, der sanfteste in einer Reihe von Balladen „Von Anfang An“ – mein Anspieltipp und Liebling auf dieser Scheibe. Okay, wenn ich mich nicht gerade mit Death Metal herumschlage habe ich durchaus eine kitschige Ader. Wobei, so richtig kitschig ist der Song nicht, eher besinnlich, sentimental. BÜNGER besingt darin eine Beziehung, wie sie wohl erst möglich ist, wenn man sich die Hörner abgestossen hat. Es gibt durchaus Alternativen zum Liebeskrach-Scherbenhaufen; Freundschaft beispielsweise.
Eine richtig coole Nummer ist auch „Ich Wird’s Versuchen“. Hier wird ein Mann vermeintlich zum Frauenversteher, gibt seine schlechten Angewohnheiten auf, wird verständnis- und rücksichtsvoller und orientiert sich neu. Zumindest wird er es versuchen… Mann, tut das in der Seele gut, ein richtiges Mannsbild mit Ecken und Kanten, ungeschliffen und widersprüchlich. Leute, es gibt uns noch!
Die Waits’sche Nummer überhaupt ist „Wenn der Mond“. Sie beschreibt diese ganz spezielle Erfahrung der durchwachten Nacht, der Beziehung in Form eines one night stands, beschreibt die Filmszenen mit Tankstellen und schwach beleuchteten Parkplätzen. Wir kennen alle diese Clichées – und wir lieben sie, oder?
„Solche Tage“ ist musikalisch eine Hommage an den „Man In Black“ Johnny Cash, cowboymässig leicht mit Steelguitar im Bluestempo. Der Text spricht von den Tagen der Hoffnung, an denen ausnahmsweise mal etwas klappt, es besser kommt, als man erwartet. Neben den „shit happens“-Momenten gibt es eben auch solche Tage, solche Lichtblicke, welche das Leben erträglich oder gar lebenswert machen.
Zugegeben, man braucht Freude an melancholischen Melodien und schrägen Instrumentierungen, muss den Blues mögen und nachdenkliche Texte, welche sich dem Mainstream entziehen.
BÜNGER hat mich in seinen Bann gezogen. Den kann man in der Bar hören oder im Sessel zuhause mit einem gepflegten Whiskey oder einem kühlen Bier. Und man kann unter Freunden vierzig Minuten verbringen, ohne dass man labern muss.
Danke dafür Sven!
Video „Wenn der Mond“:
