Intoleranz erst wieder im neuen Jahr…

Intoleranz erst wieder im neuen Jahr…

Gerade eben hat uns eine Erfolgsmeldung der deutschen Punker FEINE SAHNE FISCHFILET erreicht – und da ist mir etwas aufgefallen.

Danny Frischknecht

Zuerst einmal – wir gratulieren den Jungs selbstverständlich zu 200’000 Besuchern in den letzten knapp zwei Jahren. Das ist eindrücklich und den Jungs zu gönnen.

Foto Credit Andrea Hornoff

Was mir da beim Bandfoto ins Auge gesprungen ist – das T-Shirt von Sänger Monchi. LONSDALE – ist das da nicht diese Nazimarke? Und ausgerechnet ein eher dem linken politischen Rand zugerechneter Ex-Ossi trägt das? Und haben die nciht im Vorprogramm der TOTEN HOSEN gespielt? Ist also Campino auch ein verdeckten Neonazi? Vielleicht sind ja eigentlich alle Punks im Geheimen Neonazis?
Ihr versteht natürlich, was ich meine. Die Marke LONSDALE – ein britischer Hersteller von Sportswear, der seinen Aufstieg besonders der Skaterszene verdankt – ist bereits Ende der Neunzigerjahre in den Verruf gekommen, rechtsorientiert zu sein. Warum? Weil man ein LONSDALE-Shirt unter der Bomberjacke so tragen kann, so dass nur die Buchstaben NSDA zu sehen sind. Und das wiederum soll eine Anspielung auf die NSDAP sein. Also ist LONSDALE eine Nazimarke und die Träger dieser Shirts ebenso. Was für ein von Intelligenz strotzender Schluss.

ANTIFLAG – Foto Credit Lars Müller

Warum mir das trotzdem aufgefallen ist? Weil wir etwas Ähnliches in unserem Team erlebt haben. Unser ehemaliges Teammitglied Lars – ein begeisterter, weltoffener Konzertgänger wurde an einem Konzert von ANTIFLAG nicht nur angepöbelt, sondern auch tätlich angegriffen. Warum? Auf seiner Kutte tummelte sich neben Dutzenden anderer Pins – ein Aufkleber von FREIWILD. Die – oder zumindest deren Sänger Philipp – haben ja nun eine Vergangenheit, zu welcher Sympathie und Teilhabe an rechtsnationalen Gruppierungen gehören. Das ist übrigens auch von der Band unwidersprochen. Es ist aber auch schon ein paar Jährchen her und die Südtiroler – durchaus Heimatverbunden – haben in den letzten Jahren mehrfach und wiederholt Stellung gegen rechts bezogen. Kleine Anmerkung; das einzige Konzert in meinem Leben, bei welchem Besucher mit Neonaziemblemen (Thor Steinar Klamotten…) ausgesperrt wurden, war ein Konzert von FREIWILD in der Schweiz.

Springerstiefel mit weissen Schnürsenkeln

Was mich an der ganzen Geschichte fasziniert – es ist unheimlich leicht, einen Menschen, eine Menschengruppe, eine Vereinigung oder ein Unternehmen in eine politische oder Gesinnungsecke zu drängen. Bei der rechten Ecke geht das noch etwas leichter, wofür es durchaus Erklärungen gibt.
Was hingegen deutlich schwieriger ist – dass sich solche Menschen, Menschengruppen, Vereinigungen oder Unternehmen wieder aus der ihnen unfreiwillig zugeteilten Ecke rausmanövrieren können – selbst wenn sachlich klar oder gar gerichtlich bewiesen ist, dass die Vorwürfe nicht stimmen.
LONSDALE beispielsweise hat verschiedene Kampagnen gefahren, eher linke Fussballclubs unterstützt, den Christopher Street Day gesponsert, bei der Initiative „Laut gegen Rechts“ mitgetan und Läden, welche einen rechten Ruf hatten, nicht mehr beliefert. Fazit; Umsatzeinbussen in gewissen deutschen Bundesländern bis zu 75% – und das negative Image klebt immer noch am Hintern.

Springerstiefel mit schwarz-braun-grauen Schnürsenkeln

Dieser Beitrag soll keine Beschönigung mieser Gesinnungen sein, soll weder rechte Sympathisanten noch rechts- oder linksextreme Menschen oder Vereinigungen in Schutz nehmen – Gott bewahre.
Aber er soll etwas dazu anregen, sich zweimal zu überlegen, ob ein Emblem, ein T-Shirt, weisse oder rote Schnürsenkel an Springerstiefeln wirklich dazu ausreichen, einen Menschen zu verurteilen.
Springerstiefel und Bomberjacken als Statement haben ihren Ursprung übrigens nicht bei Adolf und Kosorten, sondern in der britischen, politisch klar linken Reggae-, Punk- und Skinhead-Szene.
Dummerweise haben sich rechtsextreme Dumpfbacken ebendiese Embleme unter den Nagel gerissen und mit LONSDALE T-Shirts dekoriert.

Und by the way – ich kenne jede Menge unpolitische, alles andere als rechts- oder linksextreme Metallerinnen und Metaller, die Springerstiefel tragen – immerhin mit schwarzen Schnürsenkeln.

Somit wünsche ich unserer geneigten Leserschaft tolerante, friedliche Feiertage im Kreise ihrer Liebsten. Nehmt euch die Zeit, laute Musik zu hören, gut zu trinken und zu essen und die wichtigen Menschen in eurer Umgebung so oft wie möglich in den Arm zu nehmen. Das einzige Gefühl auf dieser Welt, das extrem sein sollte – extrem starke Liebe!