LEO LEONI; Zwei Herzen in der Brust…

LEO LEONI; Zwei Herzen in der Brust…

LEO LEONI kennen wir als kreativen Kopf von CORE LEONI ebenso wie von GOTTHARD. Ich konnte mit ihm ein eindrückliches Gespräch führen und dabei viel über den Musiker und den Menschen erfahren.

Danny Frischknecht

Momentan befindet sich Leo auf Promotour durch Europa, schliesslich ist das neue GOTTHARD-Album „Defrosted 2“ seit einiger Zeit in den Läden.
Unser Interview fing also damit an, dass ich eine lausige Telefonverbindung nach Deutschland hatte und wir mit dem einen oder anderen Unterbruch kämpften.
Das Gespräch war nichtsdestotrotz spannend und unterhaltsam.

RN: Wie würdest du dich selber als Sechzehnjährigen beschreiben?

Gute Frage, das ist schon eine Weile her. Auf jeden Fall habe ich Fussball gespielt und Musik gemacht. Ich würde es einmal so sagen: „A teenager with lots of life in his blood…“.
Zudem habe ich eine Lehre als Elektriker gemacht, was viel und strenge Arbeit bedeutete.

RN: Welchen Titel müsste ein Film über dein Leben haben? Und wer müsste die Hauptrolle spielen?

Schwierige Frage. Einfach „Leo“ und als bekannten Schauspieler müsste Brad Pitt spielen, weil nur er mit meiner Schönheit mithalten könnte (lacht laut und herzlich…). Sonst kommen mir nur noch verstorbene Schauspieler in den Sinn.

RN: Welches ist die „berühmteste“ Person, deren Nummer du auf deinem Handy hast?

Das ist schwierig zu sagen. Eigentlich wäre das mein Vater, aber er hat kein Handy. Ich kann das nicht genau sagen, auf jeden Fall aber jemand aus meiner Familie. Die sind vielleicht nicht so berühmt, aber dafür sehr wichtig.

RN: Du bist aktuell sowohl mit Gotthard als auch deinem Sideprojekt CORELEONI fleissig unterwegs – hast du überhaupt Zeit für einen besinnlichen Advent?

Doch, doch. Ich habe zwar auch mit dem neuen Album von GOTTHARD viel zu tun, aber dafür nehme ich mir auf jeden Fall Zeit. Diese Tage verbringt man ja mit seiner Familie, und das ist sehr wichtig.
Und andere Menschen müssen ja auch arbeiten und sich organisieren.

RN: CORELEONI; du hast eine Art Tribute für frühere GOTTHARD-Songs gemacht – und nicht wenige GOTTHARD-Fans haben dir das übelgenommen. Teilweise war sogar der Begriff «Verrat» zu lesen. Kannst du solche Reaktionen verstehen?

Ich kümmere mich nicht darum, was andere sagen, und wenn, dann sind mir die Stimmen wichtig, die sich zu meiner Musik äussern. Ich mache jetzt schon sehr lange Musik und habe viel erlebt.
Zudem gibt es auch eine ganze Menge GOTTHARD-Fans, denen das Album sehr gut gefällt, die an unsere Konzerte kommen. Das ist für mich wichtiger als das, was die Leute so reden.
Meine Bandkollegen und ich haben damit keine Probleme, tut mir Leid, wenn andere damit Probleme haben.

RN: Was war deine Intention für dieses Album?

Ich hatte einfach Bock, das zu machen. Das sind Songs, die schon lange nicht mehr live gespielt worden waren. Ich hatte Lust und Freude daran, sie neu einzuspielen.
Das ist mehr als ein Tribute Album, das sind einfach coole, zeitlose Songs, die wir den Fans wieder näher bringen wollten.

Gerade wird die Verbindung erneut schlechter, bricht nach einiger Zeit ab. Wir versuchen, uns gegenseitig zu erreichen, was erst nach einigen Minuten wieder klappt. Leo ist gerade auf Promotour für ihr Album in Deutschland.

RN: GOTTHARD ist ja seit diesem Jahr mit «Defrosted 2» am Start. Auch da gab es nicht nur nette Kommentare, auch etwas in die Richtung, ob GOTTHARD keine neuen Ideen hätten und deshalb ein Akustikalbum mit «alten» Tracks bringen?

„Defrosted“ haben wir 1997 eingespielt, also vor 21 Jahren. Wir hatten bereits 2010 die Idee, das Album neu – und zwar akustisch – einzuspielen. Allerdings war 2010 dann ein schlechtes Jahr, weil STEVE LEE tödlich verunglückte. Wir haben damals nicht nur einen Sänger und Bandkollegen verloren, sondern auch einen sehr guten Freund.
Damals Stand die Zukunft der Band auf der Kippe und an ein Album war sowieso nicht zu denken.
Nachdem wir mit Nic Maeder einen neuen Sänger gefunden haben, kam die Idee dann wieder auf. Zudem wollten wir dann auch Material aus der Nic-Ära aufnehmen, um das Ganze abzurunden.
Das fühlte sich einfach richtig an, zudem ist „Defrosted 2“ eine Art spezielles „Best Of“ – Album geworden.

RN: Ihr geltet als die erfolgreichste Schweizer Rockband – interessanterweise zusammen mit den Winterthurer Folkmetallern von ELUVEITIE. Wie definierst du Erfolg für dich als Musiker?

Erfolg für mich ist, jeden morgen aufstehen zu können und zu sagen: Ich bin noch da. Erfolg ist für mich auch, wenn man von seiner Kunst leben kann. Da ist es natürlich schön, wenn du bekannt bist, es dir gelingt, gute Songs zu schreiben.
Das Wichtigste finde ich aber, dass du ein gutes Vorbild sein kannst, dass dich Menschen positiv erleben. Das ist glaube ich der grösste Erfolg.

RN: Ihr habt über 2000 Shows gespielt, das macht im Schnitt so gut 70 Gigs pro Jahr. Ist da ein einzelner Auftritt überhaupt noch etwas Spezielles oder nur „daily business“?

Nein, für mich ist ein Auftritt nie „daily business“. Ich kann da natürlich nur für mich sprechen.
Jeder Auftritt ist ein Ereignis. Du gibst den Menschen Musik und positive Energie, und die kommt zurück, und das ist jedesmal einzigartig.
Wir wollen bei jedem Auftritt unser Bestes geben für die Fans, die Menschen, welche gerade da sind. Da gibt es jedesmal Leute, die von weit her kommen, teilweise stundenlang gefahren sind, da musst du dein Bestes geben. „You’re just as good as your last show…“.
Wir sind froh, dass wir das machen dürfen, es ist ein Luxus, wenn man seinen Traum leben darf.

RN: Heute seid ihr meist Headliner, früher habt ihr aber verschiedene grosse Namen supportet. Gibt es da einen Künstler, der dich besonders beeindruckt hat?

Du, auch hier; es sind echt viele. Einer der beeindruckendsten ist sicher JON LORD (DEEP PURPLE). In letzter Zeit haben wir aber auch viel mit FRANCIS ROSSI zu tun gehabt (STATUS QUO), mit dem wir ja den Song „Bye Bye Caroline“ aufgenommen haben.
Was ich aber allgemein sagen kann; je bedeutender und „grösser“ Künstler sind, umso bescheidener treten sie oft auf. Da haben wir supernette Leute getroffen, beispielsweise MICK JAGGER, der sich am Mikrofon auf der Bühne für unseren Support bedankt hat.

RN: Eine tragische Zäsur war natürlich der Tod von Steve Lee. Das ist heute noch in fast jedem Interview oder vielen Reviews Thema. Gerade einen Sänger/Frontmann zu ersetzen, ist für Bands sehr schwierig. Was habt ihr alles richtig gemacht, dass das bei euch mit Nic Maeder gelungen ist?

Das hat wohl mehrere Gründe. Einerseits haben wir wahnsinnig viele Angebote gekriegt und sehr viele potenzielle Sänger auditiert.
Zudem war es für uns bald klar, dass wir weitermachen würden, weitermachen mussten. Das haben auch die Fans erhofft und erwartet. Solche Tragödien passieren jeden Tag in jeder Familie, und das Leben muss weitergehen.
Da sind und waren wir nicht die erste und einzige Band, denen so etwas widerfahren ist. Und für uns waren auch AC/DC eine Art Beispiel, um es zu probieren.
Zudem haben wir einen Sänger gesucht, der zu unserem Feeling, zu unserer Stimmung passt. Dabei ging es nicht darum, dass er wie Steve klingt.
Mit Nic hat das gestimmt, wir haben schnell gemerkt, dass wir zusammenpassen, dass er Teil der Band geworden ist.
Mittlerweile arbeiten wir seit acht Jahren zusammen und es passt immer noch, wir sind noch da.

Leo mit GOTTHARD 2014 im Volkshaus Zürich
RN: Wenn du zurückschaust, was hat sich im Rockbusiness verändert, positiv wie negativ?

Ich glaube, dass sich der Wert der Musik verändert hat. Heute kann jeder sich Musik besorgen, Tausende und Abertausende Titel, überall und zu jeder Zeit. Und sie kostet nichts mehr.
Früher musstest du warten, bis die Platte im Laden war. Da gab es zwar auch Singles, normalerweise hast du aber ein Album gekauft. Dann musstest du dir Song für Song anhören, der Schallplatte Sorge tragen, aufpassen, dass du sie nicht zerkratzt hast.
Heute ist Musik billig, kostet nichts mehr oder wird kostenlos heruntergeladen oder kopiert. Den Preis dafür bezahlen Musiker, das gesamte Musikbusiness.
Einerseits ist es geil, da eine riesige Bluebox zu haben, in der du supereinfach alle Musik finden und sofort anhören kannst – egal welcher Musikstil oder welcher Künstler.
Andererseits ist es zuviel, der Wert ist weg, die Zeit, der Aufwand, die Arbeit haben ihren Wert verloren.

Für mich ist Musik auch Kultur, und diese Kultur ist leider etwas in den Hintergrund getreten…

Leo Leoni, GOTTHARD und CORELEONI
RN: Nochmal zurück zur Privatperson Leo Leoni. Ich möchte dich bitten, zu folgenden Stichworten etwas zu sagen, ohne lange zu überlegen:

Freundschaft ist sehr wichtig. Wenn du am Ende deines Lebens eine Handvoll Freunde hast, kannst du dich glücklich schätzen. Freunde sind nicht unbedingt die Leute, die du jeden Tag siehst, sondern jene Leute, die da sind, wenn du sie wirklich brauchst.

Geld kommt und geht. Wir arbeiten dafür und brauchen es. Aber am Ende unseres Lebens können wir es nicht mitnehmen.

Schweiz, das ist für mich einer der schönsten Orte auf der Welt. Ich bin viel gereist und immer wieder gerne nachhause gekommen. Wir leben an einem wunderbaren Ort, an dem du nachts unterwegs sein kannst, ohne dass du Angst haben musst, du hast überall warmes Wasser und Strom. Die Schweiz ist ein gutes Land. Das hört sich vielleicht etwas patriotisch an, es ist aber realistisch.

Traum – no dreams no life – du musst immer einen Traum haben. Wenn du aufhörst zu träumen, wird dein Leben sehr langweilig. Du brauchst immer einen Traum, damit du erfolgreich sein kannst.

RN: Dann vielleicht etwas besinnlich, etwas schwere Kost auch: Wenn heute der letzte Tag in deinem Leben wäre, gibt es etwas wo du sagst: „Ich bedaure, dass ich das nie getan habe“?

(überlegt lange) Nein, ich habe immer alles gemacht, was mir wichtig war. Manchmal gibt es Dinge, die nicht möglich sind, aber ich würde es sehr bedauern, wenn ich am Ende meines Lebens nicht in Frieden gehen könnte, weil ich mich mit jemanden nicht versöhnt hätte oder wichtige Gespräche nicht geführt hätte.
Ich versuche, immer alles zu erledigen, in Ordnung zu bringen „life, because every moment can be the last moment“.

RN: Leo, möchtest du zum Abschluss noch etwas an die Fans weitergeben?

Ja, sowohl an die Fans von GOTTHARD oder CORELEONI oder von Leo, einfach an alle Menschen da draussen; frohe Weihnachten und ein gutes neues Jahr!

Leo, ich danke dir für das interessante Gespräch, dir wünsche ich erholsame Weihnachten und viel Erfolg weiterhin mit CORELEONI und GOTTHARD.