CHRIS DE BURGH im Theater 11 in Zürich – Zeit aufzuhören?

CHRIS DE BURGH im Theater 11 in Zürich – Zeit aufzuhören?

Bei Musikern, die in die Jahre kommen, stellt man sich oft die Frage, wann der „richtige“ Zeitpunkt gekommen ist, um aufzuhören. Wie sieht das beim irischen Barden aus?

Bilder und Text Danny Frischknecht

Zuerst einmal dumm, wenn mit der Akkreditierung etwas schief gelaufen ist – beim Schreibenden – und super, wenn der Veranstalter sich flexibel und kulant zeigt. Es gab also kein Hindernis, den Sänger zu hören und abzulichten, der zu den erfolgreichsten Singer/Songwritern der Welt gehört. Nicht weniger als 340 Songs hat De Burgh geschrieben, 26 Alben produziert, seit 50 Jahren ist er im Business. 76 Jahre alt ist der Mann, der da alleine auf der Bühne steht.
Zugegeben, er wirkt etwas verloren. Das kann aber damit zu tun haben, dass wir nur von Reihe 20 aus fotografieren konnten in einem Theater, das wie ein Hörsaal nach hinten ansteigt.

Um auf die Frage oben zurück zu kommen. Wann der Zeitpunkt gekommen ist, liegt natürlich allein im Ermessen des Künstlers selber, auch wenn die Fans sich eine eigene Meinung dazu bilden können. Ich bin der Meinung, dass es Zeit wäre. Das bedeutet aber lediglich, dass es mein letztes Konzert des Iren war, das ich besuchte.
Betrachtet man seine Auftritte als seinen Beruf – ganz trivial – so dürfte sich der Sänger natürlich längst seine Pension gönnen. Dass eine Stimme in diesem Alter nicht mehr das leisten kann, was sie früher konnte, ist auch klar – dieses Instrument verliert naturgemäss früher oder später an Leistungsfähigkeit, an Dynamik.

Ich mache mir keine Illusionen, dass Chris De Burgh selber weiss und realisiert, dass seine Stimme ihren Zenith überschritten hat, er die Töne nur noch bedingt trifft, sich teilweise in den hohen Lagen ziemlich übernimmt. Weil das Publikum wohl zum allergrössten Teil aus eingefleischten Fans besteht, tut das der guten Stimmung keinen Abbruch. Selbstverständlich spielt er auch als Solist all jene Tracks, welche die Fans erwarten – unter anderem das rührselige „Lady In Red“, das ich mittlerweile definitiv nicht mehr hören mag. Es folgt in der Setlist gleich nach dem Welthit „Don’t Pay The Ferryman“. Hier findet sich übrigens die Setlist vom Auftritt im Kursaal Bern, welche mit jener in Zürich identisch ist.
https://www.setlist.fm/setlist/chris-de-burgh/2024/kursaal-bern-switzerland-7b5ec6b0.html
Neben

Auf der Bühne wechselt De Burgh zwischen Flügel und Gitarre. Warum er sich da für eine elektrische und gegen eine akustische entschieden hat, bleibt sein Rätsel – mir hätte es zum intimen Rahmen besser gepasst. A propos intim, das 1500 Sitzplätze fassende Theater 11 war weitgehend ausverkauft, nur noch einzelne Plätze blieben leer.

Das Konzert war eine Art „Greatest Hits“ – wie De Burgh aber ausführte nicht die Liste seiner grössten Hits, sondern je ein Track von jedem der 26 Alben, ergänzt durch vier Cover – „Let It Be“ von den BEATLES, „You Were Always On My Mind“ von Gwen McCrea, bekannt geworden durch ELVIS PRESLEY, „Africa“ von TOTO und „Oh Pretty Woman“ von RAY ORBISON.

Während des Konzertes erzählte De Burgh viel aus seinen fünfzig Jahren im Geschäft, die Entstehung seiner Tracks, seine Weltanschauung – er sprach ausführlich. Zumindest bei einem Besucher, den ich auf dem Nachhauseweg an der Garderobe traf, war das zuviel. Er hätte zum ersten Mal ein Konzert frühzeitig verlassen und empfand das „Gelabber“ als Zumutung. Ich sehe das weniger hart; die Erzählungen waren teilweise etwas rührselig, der Künstler wirklich redselig. Aber er hat das Recht dazu, es ist wohl seine Art, sein Leben passieren zu lassen, wohl auch, seine lange Karriere zu einem Abschluss zu bringen. Der irische Landlord hat sich dazu entschlossen, das ruhig anzugehen, im Gespräch mit seinen Fans und nicht mit einem Big Bang mit Band und grossem Aufwand. Auch wenn es mich musikalisch nicht mehr überzeugt hat, die sympathische Art und Weise, wie sich De Burgh von seinen Fans wohl verabschiedet hat, versöhnt mich. Es versöhnt mich mit meinen falschen Erwartungen und der schlechten Fotoposition. CHRIS DE BURGH ist ein grosser Künstler, er hat über Jahre grosse Hallen gefüllt, Festivals und Bühnen bespielt. Seine Songs haben viele Millionen Menschen gekauft und live genossen. Jetzt schliesst sich ein fünfzigjähriger Kreis und ich wünsche CHRIS DE BRUGH, dass diese Tournee für ihn zu einem würdigen Abschluss eines langen Künstlerlebens wird und er sich die verbleibenden Jahre seines Lebens gönnt, um mit Freude und Stolz zurückzuschauen und zu sagen: “ Ich habe viel getan, und ich habe es gut getan.“

An dieser Stelle nochmals mein Dank an TAKK ABC für die Akkreditierung, das Entgegenkommen und die charmante Betreuung vor Ort.