„Schliift’s?“ – ich hasse „stream only“…

„Schliift’s?“ – ich hasse „stream only“…

Keine Ahnung, wer diese Entscheide trifft, aber ich fühle mich echt angepisst, was zunehmend häufiger bei Album-Promos abgeht.

Danny Frischknecht

Bei mir im Büro hängt ein CD-Regal mit gefühlt 2’500 bis 3’000 Silberlingen bestückt, zudem einige LPs. Diese Medien habe ich während vieler Jahre von Labels erhalten, damit wir eine Review dazu machen – was auch immer schön brav geschehen ist. Einen signifikanten Anteil davon hätte ich mir nicht gekauft. Richtig hat mich gefreut, dass es zum Beispiel bei Saxon-Re-Releases auch die Vinyls gab – die hätte ich mir wohl gekauft.

Mich persönlich hat jede dieser CDs in etwa zwei bis drei Stunden Zeit gekostet – hören, recherchieren und Review schreiben. Das wären dann so insgesamt zwischen 10’000 und 12’000 Stunden Zeit. Bei einem schweizerischen Stundenlohn für eine Reinigungskraft oder eine Verkäuferin wären dass dann so etwa Fr. 40’000 bis 50’000.- Sieht erstmal nach viel aus. Wenn ich mir aber die Medien gekauft hätte, wäre ein halber Stundenlohn dafür draufgegangen und ich hätte zwei Stunden Arbeit nicht gehabt. Und ja, ich bin nicht Reinigungskraft oder Verkäufer/in und finde unsere Minimallöhne unter aller Sau.

Es gab immer wieder auch Label, die nur per Stream bemusterten und teilweise die CDs erst beim oder nach dem Release rüberschoben. War soweit auch in Ordnung.
Was ich damit sagen will – wir haben diese Arbeit nie wegen der Kohle gemacht, aber die CDs waren einfach eine nette Anerkennung. Ist ähnlich wie die kostenlose Festival- oder Konzertbesuche für Vorankündigung und Nachberichterstattung.

Und seit einiger Zeit bleiben die physischen CDs praktisch aus, Downloads werden immer seltener und gibt es von immer weniger Labels. Dafür reisst es ein, dass nur noch per Stream bemustert wird, immer öfter auch erst knapp vor dem Releasetermin? Zugegeben, wenn das die neue RAMMSTEIN-Scheibe ist oder ARCH ENEMY oder AMON AMARTH oder anderer Bands, die uns ordentlich Klicks bringen, dann geht das ja noch an (AE und AA bemustern übrigens immer per Download!). Aber wenn ich den Stream einer EP, eines Debutalbums oder einer gänzlich unbekannten Deathmetal-Kapelle aus den Karpaten so erhalte, fühle ich mich echt angepisst.

Was bitte glaubt ihr, womit ich meine Kohle verdiene und wie ich mir dieses ganze Webzine leiste – privat, privat, privat. Und nach wie vor bleiben wir dabei, dass wir unseren Leserinnen und Lesern zuliebe auf Werbung verzichten, um die Website nicht zuzumüllen. Und dann ist das nicht einmal mehr eine CD oder einen anständigen Download mehr wert? Das ist echt zum Kotzen und die lust vergeht einem.

Da nutze ich unsere Reichweite deutlich lieber, um Bands zu promoten, die uns direkt anschreiben oder kleine Labels und Promoagenturen, die wirklich auf die Kohle schauen müssen. Und genau von denen gibt es dann eine CD!
Es gibt nach wie vor Label und Agenturen, die uns nach wie vor mit Downloads bemustern, manchmal auf Nachfrage auch mit CDs. Und wenn sie das lesen, wissen sie, dass sie gemeint sind – dafür lieben Dank!

Aber ansonsten müssen wir uns echt überlegen, ob wir reine Streams überhaupt noch besprechen sollen/wollen. Meist entscheiden wir uns für die Fans dazu, aber irgendwann ist Schluss, wenn wir nicht einmal mehr die Mucke wert sind, die wir kostenlos bewerben. So ist es, und darum gut schweizerisch – „Schliift’s?“