manchmal machen auch politiker coolen sound

manchmal machen auch politiker coolen sound

©tagesanzeiger Taiwan wählt am Samstag, und wenn die Insel danach eine andere sein wird, dann ist das auch der Jugend des Landes zu verdanken, die ihr gesellschaftliches Erwachen nun erstmals in politische Macht umzuwandeln versucht.Symbol für diese neue Kraft ist Freddy Lim. Der ist zwar inzwischen auch schon 39 Jahre alt, aber als Leadsänger der Band Chthonic das Idol vieler junger Taiwaner.

Lim mag Taiwans grösster Rockstar sein, aber er war immer ein ungewöhnliches Exemplar dieser Gattung. Einer, der regelmässig Tausenden Fans weltweit mit Musik einheizt und der sich selbst gleichzeitig als extrem schüchtern beschreibt. Einer, der immer ein zweites Leben neben der Musik hatte.

Wenn andere Musiker sich nach den Konzerten mit Fans und Groupies vergnügten, zog er sich zurück in den Tourbus und setzte sich an den Computer. Seine Fans kennen ihn im Bühnenoutfit, Bemalung im Gesicht, nun müssen sie sich an ein neues Kostüm gewöhnen: Mit einem Mal steht da ein braver junger Mann in Anzug und Krawatte, die langen Haare hat er zum diskreten Pferdeschwanz gebunden. Denn Freddy Lim will ins Parlament. Am Samstag wählt Taiwan, und die Chancen des Rockstars stehen nicht schlecht. Die von ihm gegründete New Power Party ist noch kein Jahr alt und in Umfragen schon die drittstärkste Kraft der Insel, die bisher von zwei Grossparteien dominiert wurde.

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Die Kraft der Sonnenblume

Lims Geschichte erzählt viel von der Desillusionierung der Jugend in Taiwan und von dem Aufbruch im Frühjahr 2014. Damals fanden Schüler und Studenten im Protest zur Sonnenblumen-Rebellion zusammen. Sie sahen sich als Verlierer der Annäherung an China, als Verlierer einer Politik, deren Profite nur in die Taschen des Establishments gingen. Lims Partei ist ein Versuch, dieses Engagement in die Politik zu retten. «Ich habe Angst», sagt er, «dass all die Kraft sonst verpufft.»

Freddy Lim begann als Schüler, Musik zu machen. Die von China nach Taiwan geflohene Kuomintang-Regierung hatte den Taiwanern die Sprache verboten. «Stattdessen mussten wir Mandarin-Chinesisch sprechen. Sie lehrte mich, meine eigene Kultur zu hassen», sagt Lim. «Mit 18 Jahren merkte ich, dass die Regierung uns betrogen hatte.» Seine Band Chthonic ist nun 20 Jahre alt, ihre Musik nahm von Anfang an Einflüsse der Eingeborenenstämme Taiwans auf, ihre Texte waren immer auch ein gesellschaftliches Statement. Damit war Freddy Lim auch international erfolgreich: Seit 2002 erscheinen alle Alben auch auf Englisch, Chtonic gab im ­vergangenen Jahr allein in Europa 47 Konzerte.

https://youtu.be/HCRrP1_QWPU

Dieser Beitrag und das darin verwendete Material stammt vom Tagesanzeiger

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