ALL WILL KNOW – ein Portrait aus der Ferne
Metalcore oder Modern Melodic Metal oder was auch immer. Frag einen Musiker nach dem Genre seines Sounds und du kriegst überall dieselbe Antwort, von wegen „sich nicht festlegen oder schubladisieren lassen, offen sein für Vieles“.Mir gefällt ja, wenn eine Band ein solches Statement nicht nur abgibt, sondern es auch durchzieht, umsetzt.
ALL WILL KNOW gehören dazu, diese Haltung zieht sich auch durch die musikalischen Biografien der Mitglieder.
Jan Jansohn, seines Zeichens Gitarrenmeister der Band meint dazu: „Uff, das fing in der Musikschule an…“ und ergänzt, dass seine Entwicklung über klassischen Gitarrenunterricht lief, SLAHS und GUNS’N’ROSES ihn für den elektrischen Sechssaiter begeisterten.
Andere Bandmitglieder liessen sich durch das Stöbern in der elterlichen Plattensammlung animieren, wurden durch Truppen wie die BEATLEs ebenso beeinflusst wie durch AC/DC.
Blues, Funk, Rock oder Weltmusik hat in diesem Spektrum Platz, Drummer Lukas Gröhl mag Progund die Trommler Mike Portnoy oder Marco Minnemann, der immerhin schon bei Kapellen wir UDO LINDENBERG, DREAMT THEATER und KREATOR spielte oder mit JOE SATRIANI auf Tour ging.
Die Jungspunde aus der deutschen Provinz, die es schliesslich in die Metropolen Darmstadt und Frankfurt zog, scheuen sich also nicht davor, auch grosse Namen in ihrer musikalischen Ahnengalerie zu versammeln, Gitarrist Steffen Henneberger hebt etwa ANGUS YOUNG oder STEVIE RAY VAUGHN auf den Thron.
Auf einer solchen Basis, gepaart mit Engagement, Kreativität und der einen oder anderen Stunde Üben lässt sich durchaus moderner, kerniger Sound entwickeln. Das belegen sowohl das Debut „Contact“ von 2012 als auch auf ihrem neuen Werk „Deeper Into Time“, welches am 20. November das Licht der CD-Welt erblicken wird.
Einen guten Monat vorher spielen die Jungs zusammen mit ARCTURON im Luzerner Treibhaus.

A propos Welt – die Jungs sind in verschiedenen Formationen schon ganz schön rumgekommen. Brasilien, Rumänien, Bulgarien, Frankreich, Spanien oder Holland stehen dabei auf der Liste – und natürlich die Schweiz, welche AWK am 22. Oktober im Luzerner Treibhaus beehren werden. „Eine ordentliche Portion Reisefieber ist als Musiker nie verkehrt“, meint Jansohn. Das gilt auch für eine extrem niedrige Schamgrenze. Nur so ist ein Auftritt in einer amerikanischen Kaserne erklärbar, in Lederhosen mit deutscher Volksmusik – ohne Scheiss! Das zeugt zumindest von Humor und schliesslich macht sich der Satz „Wir waren jung und brauchten das Geld.“ In jeder ordentlichen Biografie gut.
Festivalerfahrung haben die Männer auch, selbst das Metalwalhalla W:O:A steht auf der Liste, wenn auch – noch – nicht mit ALL WILL KNOW.
Wie viele andere Bands auch – die Musiker von AWK müssen einer weltlichen Arbeit nachgehen, um den Lebensunterhalt zu gewährleisten – oder sie studieren. Naja, da ist ja auch nicht klar, ob Paps und Muttern hilft oder ein Nebenjob das Verweilen an der Musikhochschule gewährleistet – legitim ist ja wohl beides – und hoffentlich eine gute Investition in die Zukunft.

Ein kurzer Blick nochmals zur Biografie der Mannen. Es stellt sich nämlich die Frage, was es braucht, damit solcher Sound, der sich im Dunstkreis von Metalcore und Modern Metal bewegt und eine gewisse Härte ausstrahlt, damit ein solcher Sound entstehen kann. Es scheint kein Nachteil zu sein, wenn man aus Märsfelden, Dolgesheim oder Hüttengesäss kommt. Möglicherweise ist das Aufwachsen in der Provinz des Rhein-Main-Gebietes ja gerade die Triebfeder für musikalische Offenheit und Innovation, für die kreative Mischung, welche ALL WILL KNOW an den Tag legen.
Dem geneigten Leser lege ich das neue Album sehr ans Herz, auch wenn noch etwas Zeit ins Land zieht, bis es erscheint. Dort werden Tracks wie „Feed Theier Minds“ und „The Rain I Bring“ zeigen, welches Potenzial die Truppe hat. Und wie ich schon in meiner Review zum Album geschrieben habe; ALL WILL KNOW sind eine jener jungen Bands, welche die Wachtablösung im Metal verkörpern, die Ablösung der rein „klassischen“ Metalinstitutionen, die Hinwendung zu modernen Elementen. Da werden wirklich Stilebenen geöffnet und integriert, die den älteren Bands eher unheimlich zu sein scheinen. Ich kann mir AMON AMARTH ja auch nicht mit jazzigen oder folkigen Grooves vorstellen…
Diese Offenheit solcher Truppen wird der Metalwelt ohne Zweifel neue Impulse geben. Wie sagt Gitarrist Jahnson so schön „Alles darf, nichts muss.“
Es bleibt zu hoffen, dass solche Kapellen auch die grossen Bühnen zur Verfügung gestellt werden, dass das Publikum ihnen unter die Arme greift, sei es mit dem Kauf von T-Shirts oder CDs, vor allem aber mit der Präsenz an den Konzerten.
Helfen wir also dabei, dass das Stöbern im elterlichen Plattenregal nicht umsonst war!
