shaking godspeed – Voll auf Droge!

shaking godspeed – Voll auf Droge!

SHAKING GODSPEED sind eine niederländische Psychedelic oder Retro oder Post-Irgendwas – Band, welche gleich zwei Silberlinge auf den Markt wirft. Allerdings ist das Material nur teilweise neu. „AWE“ ist das 2010er Debut-Album und „HOERA“ die zweite Scheibe von Februar 2012.Und warum dann diese Neuauflage? Möglicherweise liegt es am Label DRAKKAR, welche sich die Jungs gekrallt haben, vielleicht aber auch an der Lust, die zwei Dinger den Fans in einer gepimpten Version in den Rachen zu werfen. Das Artwork ist auf jeden Fall schon mal sehr gut gelungen. Das erinnert mich sowas von an die Zeit, als ich sechzehn oder siebzehn war und Bücher über Coverartists verschlungen habe. Damals war die CD noch nicht mal in Rufweite und eine Schallplatte prädestiniert zum Gesamtkunstwerk. Und mancher Artworker war fast ebenso berühmt wie die Bands, deren Platten er designte. Ein ganz spezielles Ding waren die Schriften; meine Güte, was sagen aktuelle Grafiker wohl dazu?

Shaking_GodspeedAch ja, da war noch der Sound. Einigermassen erstaunt war ich zu lesen, dass Bands wie LED ZEPPELIN, DEEP PURPLE oder BLACK SABBATH zu den Vorbildern der Holländer gehörten. Nach eigener Aussage huldigen SHAKING GODSPEED ihren Vorbildern, indem sie ihnen nicht nur nacheifern, sondern den Sound mit eigenem Stil erweitern.

Und das gelingt den Jungs phänomenal. Ich merke zwar beim Hören, dass ich diese volle Power, die Komplexität der Kompositionen, die extremen und permanenten Stilwechsel nicht mehr über längere Zeit ertrage. Alter oder abgeschliffene Musik-Konsum-Gewohnheit? Schwierig zu sagen. Auf jeden Fall hat das Trio von der Nordsee sein Handwerk gelernt.

Vieles klingt absolut schräg und abgespact, wie etwa „Day At The Office“ von AWE, da ist aber keine Andeutung von falsch oder schlecht gespielt. Dem „Master of Disaster“ an den Reglern ein grosses Kompliment zur Aufnahmearbeit. Solchen Sound muss man erst einmal sauber einspielen und mastern können!

„Hoera“ ist ein Sammelsurium an Stilelementen und Fragmenten von den späten Sechzigern bis zu den Achtzigern. Der Titelsong beispielsweise bietet die typischen Sinthesizer- und Gitarrenklänge, wie wir sie auch bei den WHO finden – oder den oben genannten Bands, am ehesten bei LED ZEPPELIN.

Richtig crazy ist „French Girls“. Wenn du dir das in Ruhe anhörst – Ruhe? – bist du überzeugt, dass du dir bewusst oder unbewusst irgendetwas eingepfiffen hast.

Bei „Season’s Over“ kommen mir auch die BEATLES oder ROLLING STONES in den Sinn, mit der Hammond-Lesley-Kombi im Hintergrund sowieso.

„Jesus“ ist ausser der christlichen Leaderfigur wohl auch einer der meistgehörten Ausrufe von Eltern in den Siebzigern, wenn sie den offenen Umgang ihrer Sprösslinge mit bewusstseinserweiternden Substanzen bemerkten. Bei SHAKING GODSPEED kommt dieser Track relativ trocken, rockig daher. Wenige Schnörkel, gerade Riffs und geerdete Schlagzeugbeats.

PROMO PHOTO„Gong Gong“ ist dann die Nummer mit dem stärksten Blueseinfluss, allerdings weit entfernt vom Mississippi-Delta-Groove.

„Without“ ist auch ein spezieller Sprössling. Klingt ein wenig nach Übungen im Probenraum inklusive der Kreativität, die dort oft entsteht. Der Gesang beeindruckt mich am Meisten.

„Promise“ deckt dann auf, warum LED ZEPPELIN zu den Vorbildern gehören. Passt voll ins Schema, ohne einfach eine Kopie zu sein. Den beinahe durchgehenden Gitarrenlauf kann man auch nur spielen, wenn man leicht angedröhnt ist, oder?

„With“ ist eine mächtige, fast orchestrale Nummer mit viel Energie und heulender Gitarre. Die Gitarrenarbeit ist sowieso das Element, welches die Verbindung in die graue Vorzeit der Rockmusik am stärksten aufzeigt. Damals wurden schliesslich die klassischen Effektgeräte erfunden. Wer erinnert sich nicht an die Reihen von Fusspedalen, zwischen denen einige Gitarristen fast taktweise hin und her hüpften?

„The Gouls Have Come“ beeindruckt mich wenig, ist mir etwas zu durchschnittlich.

Richtig geil wird es dann aber mit „Scratch Your Name In Our Skin“. Jungs, bewerbt euch bei QUENTIN TARANTINO, der bringt das Stück in seinem nächsten Film unter – garantiert!

„Hoera“ ist eine Scheibe, die ich mir nicht allzu oft anhören werde. Dazu ist sie mir zu anstrengend, zu kreativ, zu kräftig. Es gibt keine Chance, diese 35 Minuten Kreativität in den Hintergrund zu drängen.

Das Album ist der Hammer für Fans psychedelischer Musik, sei sie nun von heute oder von gestern. Und es ist hörenswert für Menschen, die sich auch einmal auf schräge Sachen einlassen können – und wenn es nur ein einziges Mal ist.

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