THE EFFECT – „The Effect“

THE EFFECT – „The Effect“

Ist man als Kind bekannter Eltern in der selben Branche nur Trittbretfahrer? Manchmal schon. Für THE EFFECT trifft das aber keinesfalls zu. Grandioses Album der Lukather/Collins Sprösslinge.

Stephan Lipp
9 von 10 Burning Headphones

Melodischer Hard Rock/Stilmix aus den USA, im Eigenvertrieb

English Version below

Das Kind berühmter Eltern zu sein mag einem zwar viele Türen öffnen, andererseits haftet einem immer der Stempel der Vetternwirtschaft an. So muss man sich immer etwas mehr beweisen als die anderen, über die ewigen Vergleiche mit den Erzeugern hinwegsehen können und sein Ding durchziehen. THE EFFECT ist so ein Produkt von Kindern gestandener Musikereltern. Einerseits wären da Trev Lukather – Sohn des Steve, seinerseits als Sessionmusiker und natürlich Mitglied von TOTO zu Weltruhm gelangt – sowie Nic Collins – Sohn des Phil, der ebenfalls als Sessionmusiker, vor allem aber als Drummer/Sänger von GENESIS als auch natürlich als der PHIL COLLINS die Musikwelt geprägt hat. Und logo, wenn man Vorgruppe von TOTO sein darf, hat der Papa bestimmt seine Finger im Spiel gehabt.

THE EFFECT sind mir erstmals im Herbst letzten Jahres über die Kopfhörer gestreamt, vorgeschlagen von Spotify. Und ich kann unvoreingenommen – damals wusste ich noch nichts von der Besetzung – sagen: Das Ding rockt! Grundsätzlich im Rock angesetzt, versetzt die Band ihren Sound mit Pop, etwas Fusion und Funk, einer Prise Prog und sehr, sehr viel Melodie! Nun ist also das Debut Album „The Effect“ erschienen, welches erfrischend und spritzig daher kommt. Mit Emmet Stang fand die Truppe einen ausdrucksstarken Sänger, dessen erdige Stimmfarbe den Songs eine Portion Dreck einflösst.

Mit dem Opener „Toxic Envy“ geben THE EFFECT ein Versprechen, welches sie über das Album hinweg auch einzulösen vermögen: Unterhaltsamer, ausgeklügelter Rock mit grossen, hymnenhaften Refrains und instrumentalem Feuerwerk. In die gleiche Kerbe schlägt „Unwanted“ – die erste Singleveröffentlichung der Band im Oktober 23 – inklusive Synthy-Solo von Keyboarder Steve Maggiora, der sonst auch bei TOTO in die Tasten haut. „TIND“ schaltet einen halben Gang runter, bleibt der Rezeptur aber treu, genau so wie bei „World Between Us“ und „Sadistic Love“. Ein im Vergleich eher hemdsärmeliger Rocker ist „High Life“ der zwar gut Fahrt aufnimmt, aber ein wenig wie ein Fremdkörper wirkt. Steve Perry, der einst mit JOURNEY in die Annalen der Musikgeschichte gesungen hat, hilft beim Journey Song „Could Have Been You“ stimmlich aus.

Während bei anderen Bands das Album ab der Hälfte oft zu schwächeln beginnt, ziehen es THE EFFECT durch. Mit „Head Of Collision“ und „Something Wrong“ finden sich auch gleich zwei meiner Favoriten kurz vor Ende auf der Tracklist. Geschlossen wird das Album, dessen Songs ausschliesslich um die 4 Minuten Grenze tänzeln (wegen der Menge an Ideen und Spielereien aber oft viel länger erscheinen) mit „Still In It“, einer Art Ballade: „We forgive, not forget“ heisst es da und endet der einzigen – mit viel Fantasie – wirklichen TOTO Referenz: einem Drumbeat à la „I Will Remember“ von „Tambu“. Nun, zu vergeben gibt es hier nichts, alles richtig gemacht.

Fazit

Wenn man THE EFFECT mit irgend etwas vergleichen müsste, kämen mir Bands wie FLYING COLORS, KINO aber auch SIXX AM in den Sinn, irgendwo weit weg vielleicht auch EXTREME in ihren Werken der frühen 90er. Dennoch bringt die Gruppe ihren ganz eigenen Stilmix mit, der „The Effect“ zu einem hörbaren Vergnügen (man merkt den Songs an, dass die Jungs Spass haben) geworden ist. Und dabei ist das ganze noch fett und ansprechend produziert. Vetterliwirtschaft hin oder her: THE EFFECT beweisen, dass sie auf eigenen Füssen stehen können und ihr eigenes Ding gefunden haben. Gerne mehr davon.

Tracklist & Coverart

  1. Toxic Envy
  2. Unwanted
  3. Tind
  4. World Between Us
  5. Sadistic Love
  6. High Life
  7. Could have Been You (feat. Steve Perry)
  8. Sight Unseen
  9. Hero On Collision
  10. Something Wrong
  11. Still In It

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