GREENFIELD – Saturday Night Fever
BRING ME THE HORIZON haben überzeugt, PRODIGY die grosse Show gerissen – was bringen GREEN DAY?
Bilder und Text Danny Frischknecht
Zuerst einmal die Unsicherheit, wie viele Fotografen zugelassen werden würden und ob der Medienpartnerstatus für Sicherheit garantieren könne. Gleich vorweg – er kann.
Aber der Reihe nach. Eigentlich war mein Plan, erst im späteren Nachmittag auf dem Gelände zu sein, den letzten Tag langsam angehen zu lassen. Naja, der Checkout war dann schon relativ früh, die Arbeit mit den Bildern vom Freitag ging gut von der Hand und der Schlaf war deutlich ertragreicher gewesen als in der vorherigen Nacht.
Also suchte ich den Presse-Parkplatz nach einem anständigen Mittagessen und Hopfentee schon deutlich früher auf. So früh, dass ich die deutschen Mittelalterrecken von FEUERSCHWANZ noch gut live erlebte. Und dass der Hauptmann und seine Gefolgsleute immer für ein anständiges Fest stehen, weiss nicht nur der geneigte Fan.
So war es denn auch; den Start machten die Tänzerinnen mit grossen Fahnen, während auf dem Backdrop ein eindrücklicher Drache prangte. Und die Musik? FEUERSCHWANZ halt; sie boten dar, was sie haben und was die Fans sich wünschen. „Memento Mori“ natürlich und „Bastard Of Asgaard“, „Untot im Drachenboot“ und leider auch das unselige „Dragostea Die Tei“. Die Gauklertruppe gab dem Volke, wonach der Pöbel verlangte. Für einmal gab es ein Novum, das ich so noch nicht gesehen habe; die beiden Tänzerinnen traten mit einer Art Handfeuerwaffen auf – die dann genau das waren. Für einmal also Pyro aus zarter Hand und ohne Gefahr für die Menschen in der Row Zero. Und nein, das hat nichts mit RAMMSTEIN zu tun, sondern schlichtweg damit, dass die FotografInnen in ebendieser Reihe direkt vor der Bühne stehen, gestört alleine durch Crowdsurfer, ganz selten durch leicht genervte Security und durch das Ende des dritten Songs, weil dann Abmarsch angesagt ist.
Was sich bereits am früheren Nachmittag abzeichnete, traf dann auch ein; der Wettergott blieb gnädig, einzelne verirrte Tropfen sorgten kurz vor GREEN DAY noch für eine leichte Unsicherheit, das wars aber auch schon. Für die hartgesottenen Camper hingegen öffneten sich die Schleusen des Himmels am frühen Morgen und hinterliessen Ansätze von Schlamm, das eine oder andere verlassene Zelt und einige grösseren Pfützen. Aber alles harmlos, kein Vergleich mit Wolkenbrüchen wie in anderen Jahren.
Eine gute Stunde später war Musik aus Schweden angesagt, RAVE THE REQUIEM bespielten die Eiger Stage. Das erledigte das Sextett mehr als gut, engagiert und durchaus druckvoll – meine erste unbekannte Band heute. Bass, Gitarre, Drums und Trommel, dazu zwei weibliche Stimmen – eine im Vorder-, die andere im Hintergrund. Musikalisch deckten sie ab, was sonst an diesem GREENFIELD eher wenig zu hören war; Industrial Metal mit ordentlich Wumms.
THY ART IS MURDER auf der Jungfrau Stage und anschliessend MONTREAL auf der kleinen Bühne schenkte ich mir, beziehungsweise schaute ich mir vom VIP-Tower an. Und ja, der VIP-Bereich ist gemeinsam mit dem Presse-Bereich „gekoppelt“ und ebenfalls ja; es gab wenige echte VIPs da oben. Okay, von Mc Donalds Werbeikone Schudel einmal abgesehen. Oder; ich habe die echten VIPs einfach nicht gekannt? Wie auch immer.
Die Uhr schlug kurz nach 17 Uhr und THE INTERRUPTERS auf der Hauptbühne auf. Was für ein Kontrastprogramm, nach Hardcore-Geballer plötzlich locker-flockiger Ska-Punk-New Wave Rock gewürzt mit viel Spielfreude und Spass am Kontakt mit dem Publikum. Und letztlich muss eine solche Band auf einem Festival Platz haben, auf dem einige Stunden später KRAFTKLUB spielen.
THE INTERRUPTERS also liessen die Tanzbeine zittern, Frontfrau Aimee animierte das Publikum ungeachtet ihrer schwarzen Klamotten und der Sonne, die sich zum Konzert gesellte und gleich sommerliche Energie lieferte- feuchtwarm oder so.
Und dann war es soweit, das eine und sehr überraschende Highlight dieses Abends ging ab – und zwar auf der Eiger Stage. HANABIE heisst die japanische Mädchentruppe, mangamässig-verspielt beim Outfit, leicht nervig mit hohen Stimmchen bei den Ansagen und der Megablast, sobald die Musik abgeht und das Fräulein am Mikro die tiefen Growls hervorholt. Heilige Scheisse, wrum eigentlich werden BABYMETAL so gehypt, wo doch Japan richtig geilen Metal zu bieten hat? Metalcore genau genommen. Dass sich hier grosses abspielte, bemerkte auch das Publikum. Innert Kürze füllte sich der Platz vor der Bühne – und zwar nicht mit einigen hundert Fans sondern mit Tausenden. Bis zum grossen Festzelt standen die Menschen tanzten nach Anweisung der Nippon-Girls, hüpften auf Ansage und flippten schlicht aus. Die Security vor der kleinen Bühne wurde erstmals gefordert und musste tatsächlich Crowdsurfer abfischen – beinahe hätte auch Pikatchu die Bühne geentert.
Was HANABIE genau bedeutet? Etwas frei übersetzt etwa soviel wie „die-Mädels-haben-eine-grosse-Zukunft-vor-sich-und-werden-noch-manche-grosse-Bühne-bespielen“ – oder so ähnlich.
Der nächste Gig auf der Hauptbühne erfüllte meine Erwatungen nicht. ††† CROSSES waren angesagt, das Elektro Rock Duo mit DEFTONES-Fronter Chino Moreno und Shaun Lopez. Zwei grossartige Musiker, ohne Zweifel. Leider war das, was sie boten – langatmig und langweilig, zu überkandidelt, nicht mitreissend. Das ist definitiv Clubsound, wo man sich hinsetzt, ein Bierchen oder sonst etwas nippt und sich leicht vom linken auf das rechte Bein verlagert – und wieder zurück. So erstaunte es mich auch nicht, dass das Infield ziemlich leer war. Nicht nur, dass die Leute noch bei HANABIE standen, viele blieben auch gleich dort oder verpflegten sich kurz, dann bereits kündigte sich ein nächstes Highlight an – wiederum bei Eigers.
UNDEROATH machen siet 25 Jahren Musik und gehören für mich zu den unterbewertesten Bands überhaupt. Die Jungs aus Tampa, Florida, spielen für mich auf derselben Flughöhe wie BRING ME THE HORIZON, irgendwie ist ihnen aber der ganz grosse Durchbruch nie gelungen – oder noch nicht? Fronter Spencer Chamberlain braucht sich zumindest vor Horizon-Sänger Oli Sykes nicht zu verstecken. Okay, was Affektiertheit anbelangt, hat Sykes etwas mehr drauf. Wenn ich den beiden Jungs aber zuschaue und zuhöre, frage ich mich immer mal wieder, ob ihr Metalcore so eine Art Wiedergeburt des Grunge in modernem Gewand sein könnte. Beide prägt diese Verbindung des druckvollen Sounds mit Breakdowns und eine permanent vorhandene, leicht depressive Stimmung.
Jedenfalls haben die Jungs mächtig abgeräumt und ähnlich viel Publikum von der Hauptbühne abgezügelt – darauf würde ich einen Eid schwören!
Dann kam leider, was noch kommen musste – eine weitere deutsche Partyband. Mit den Jungs von KRAFTKLUB bin ich noch nie warn geworden und werde es auch nicht mehr. Klar, die haben bisher vier Alben in die Charts gehauen – das haben Andreas Gabalier und Helen Fischer aber auch – sogar unsere Beatrice Egli. Ihre Musik bedient sich überall, wo Erfolg drauf steht, ein wenig HipHop, ein wenig Punk, ein wenig deutsche Musik alias Tim Benzko und Co. – und dass sie mit TOKIO HOTEL zusammen eine Single eingespielt haben, zeugt aus meiner Sicht auch nicht gerade von Qualität. Man merkt es leicht – ich mag die Band und ihre Musik nicht. Da man auf Fotos die Musik aber nicht hört, habe ich mich trotzdem in den Graben bewegt und die Jungs geschossen, also geshootet oder so. Und ja, ich gebe es neidlos zu; sie haben Party gemacht, haben das Infield vor der Jungfrau Stage wieder ordentlich gefüllt. Sie sind ins Publikum gesprungen und haben viele Metalheads dazu gebracht, das Tanzbein zu schwingen. Passt, Job erledigt – und gut ist!
Und dann, führte mich der Weg ein letztes Mal zur Eiger Stage, wo mir der Kraftklub-Sound dezent aus der Birne geblasen wurde. BURY TOMORROW haben genau das getan, was ich mir erhofft hatte – meine Gehörgänge gereinigt, meine Magengrube massiert und Material für coole Bilder geliefert. Jungs, ihr seid mit die Geilsten. Was die Band an Power raushaut, kriegst du nicht an jeder Strassenecke. Der gute Herr Daniel Winter-Bates ist nicht nur ein Shoputer und Growler vor dem Herrn, sondern auch ein EInpeitscher, der nciht wartet, bis das Volk sich zu einem Circle-Pit entschliesst. Er fordert diesen ein, und wenn es sein muss, gleich an drei Stellen gleichzeitig. „Where is my fucking Pit?“ – das ist eine Ansage!
Und ja, nach dem letzten Mal, als GREEN DAY am GREENFIELD spielten, war ich schon einigermassen nervös, ob es dieses Mal mit dem Fotopit reichen würde. Letztlich war dann die Auswahl des Managements aber dermassen grosszügig, dass kaum Grund zur Sorge bestanden hatte. Und jepp, es hat sich gelohnt. Also, dass das Intro aus gleich vier Songs bestand, müsste jetzt nciht zur Gewohnheit werden. Wobei, eigentlich ist es das ja schon. Immerhin, BOHEMIAN RHAPSODY aufzulegen, war eine kluge Entscheidung. Es war schon eindrücklich, wie ein Publikum von über 20’000 Leutchen diesen Song mitsingt und zwar die richtigen Töne und jedes Wort am richtigen Platz. Schön war’s!
Und was muss man sagen? Es ist klar, dass da eine Band die Bühne entert, die man niemandem mehr vorzustellen braucht. Sänger Billie Joe Armstrong, Bassist Mike Dirnt und Drummer Tré Cool bringen einen Koffer Musik mit, dessen Hits alleine für ein zweistündiges Konzert reichen würden. Ach ja, da ist ja noch Gitarrist Jason White, der zwar auch auf der Bühne steht und im Studio Tracks einspielt, aber iregndwie doch nicht zur Band gehört. Das merkte man übrigens auch am Konzert – irgendwie stand der gute Man so unauffällig und am Rand, dass ich beinahe vergessen hätte, ihn abzulichten.
Aber sonst? Klar, GREEN DAY haben abgeliefert, selbstverständlich viele ihrer grossen Hits abgefeuert, gehörig Show geboten und nicht zuletzt ein endgeiles Bühnenbild gezaubert. Man kann sie mögen oder nicht, GREEN DAY sind eine Instanz, eine der ganz grossen Bands und die einzigen Musiker, die ich kenne, die schon vor zwanzig Jahren eine Hymne für den letzten und hoffentlich nciht wieder nächsten Präsidenten der USA geschrieben haben; „American Idiot“!
Fazit
Das GREENFIELD 2024 war ein Fest, besser als manche frühere Version. Ein gutes Lineup – wenn auch mit dem einen oder anderen Ausrutscher, aufgestelltes Publikum in Feierlaune und viel Angebot zwischen Burger und „Wet t-Shirt“-Wettbewerb. Dieses Jahr hatte man auch das Wetter im Berner Oberland im Griff und neben der Bühne lief in regelmässigen Abständer der Teaser eines coolen Schweizer Webzines – das übrigens nächstes Jahr 15 Jahre alt wird!
An dieser Stelle geht der Dank an den Veranstalter, der uns dieses Jahr zum ersten Mal als Medienpartner begrüsst hat, an die Crew vor Ort, die uns das Leben etwas leichter gemacht hat und an all die coolen Menschen, die man wieder einmal getroffen hat! Danke euch – es war mir ein Fest!

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