WITCHBOUND – Martin und Natalie im Gespräch

WITCHBOUND – Martin und Natalie im Gespräch

Ja, es ist „verdamp lang her“, das SUMMERBREEZE mit seinen geilen Shows, dem coolen Wetter und den spannenden Menschen, die man treffen konnte.

Text: Danny Frischknecht


Ich hatte das Vergnügen, mich mit Natalie Pereira Dos Santos (what a name!) und Martin Winkler von WITCHBOUND zu unterhalten. Leider sind die Videoaufnahmen abgek…, weshalb ich in die Tasten gehauen habe und das spannende Gespräch so wiedergebe.

Natalie Pereira Dos Santos, Bernd Stelzer von El Puerto Records und Martin Winkler

Band


WITCHBOUND bestehen aus Natalie Pereira Dos Santos (vocals), Martin Winkler (git), Stefan Kauffmann (git), Peter Langer (drums) und Frank Bittermann (bass). WITCHBOUND haben 2015 ihr Debut „Tarot’s Legacy“ veröffentlicht, damals aber noch in anderer Besetzung. Für 2019 ist ein weiteres Album geplant.


Let’s talk!


WITCHBOUND haben am diesjährigen SUMMERBREEZE leider keinen Auftritt, sind also als Gäste hier und ein wenig auch auf Promotour – schliesslich muss man sich blickenlassen, wenn man bekannt werden will.
Natalie und Martin haben bisher den einen oder anderen Gig gesehen, am Besten hat ihnen bis zu diesem Zeitpunkt ARCH ENEMY gefallen – wem nicht?

Martin hat die Hoffnung, dass sie einmal am SB spielen werden, in für einen Rockstar ungewohnter Bescheidenheit sagt er „Schau mer mal!“.

Es ist aktuell schwierig, neue Musik von WITCHBOUND zu finden. Das hat damit zu tun, dass das neue Album „in vier oder fünf Monaten“ erscheinen soll und sich das Lineup der Band seit dem Erstling deutlich verändert hat; Frau löst Mann beim Gesang ab, Natalie mischt die Truppe also auf.
Was bedeutet dieser Wechsel am Mikrofon? Martin meint, dass sich natürlich die Klangfarbe des Gesangs ändern wird, zusätzlich werden die meisten Songs mit siebensaitigen Gitarren eingespielt und der Sound wird allgemein härter werden. Trotzdem bleibt WITCHBOUND eine melodische Metalband.

Ich spreche Natalie auf ihr sideproject „Boris Karloff Syndrom“ an. Lebt das noch?
„Nee, wir haben’s – wie soll ich’s sagen – beerdigt.“ lacht Natalie. “ Es war sehr spannend, ein reines Studioprojekt. Ich fand die Zusammenarbeit mit Oli sehr spannend, wir verstehen uns auch nach wie vor sehr gut. Es gab auch keinen Trouble oder so, wir merkten einfach, dass uns andere Projekte mehr in Beschlag nehmen und wichtiger sind. Das Projekt war auch nie für Live-Auftritte vorgesehen – und ich möchte halt auf die Bühne!“

Natalie ist stimmlich breit aufgestellt, und das wird sich bei WITCHBOUND bemerkbar machen. Es wird melodischer Powermetal bleiben, allerdings werden neben Cleangesang auch Shouts zu hören sein – schliesslich kann nicht nur Alissa White Gluz growlen.

Martin und Natalie sind sich bewusst, dass der Wechsel bei der Stimme den einen Fans besser gefallen wird, den anderen weniger. Beide sind aber überzeugt, dass die neue Scheibe gefallen und gut ankommen wird.

Martin sieht seine musikalische Heimat schon immer im Rock und Metal, sei das nun bei HELLOWEEN oder METALLICA, LED ZEPPELIN aber auch die BEATLES. „Ich mag mehrstimmige Gesänge.“
Natalie deckt da zusätzlich den Betschwestern-Part ab. „Ich hab ganz klassisch im Kirchenchor begonnen, mag auch klassische Musik sehr gerne.“ Als Jugendliche hat sie viel Wave gehört oder Indie, dann zunehmend mehr Rock und Metal. Heute mag sie besonders Melodic Death Metal und alles, was irgendwie mit elektrischen Gitarren zu tun hat.
Bands, die sie beeinflusst haben, sind die BEATLES, PINK FLOYD, NIRVANA, heute MERCENARY oder ARCH ENEMY.

Ich frage Natalie danach, wie aus ihrer Sicht die verschiedenen Gesangsstile definiert sind.
„Ich hoffe, ich bringe das jetzt alles zusammen. Scream ist natürlich sehr hoch, Shouting ist eher in der Mittellage, Growling ist sehr tief. So schnell erklärt halt.“
Ich denke, das reicht den meisten Zuhörern. 

Für mich persönlich machen zwei Dinge eine gute Band aus – einerseits muss das Gesamtpaket stimmen, neben der Musik also auch die Show, das Äussere, die Persönlichkeiten der Musiker. Andererseits braucht eine Band ein Alleinstellungsmerkmal, etwas, das sie von anderen unterscheidet.
Was macht WITCHBOUND einzigartig?
„Na gut“, sagt Martin, „die meisten WITCHBOUND-Musiker kommen ja aus der Band STORMWITCH. Der Sound klingt also logischerweise ähnlich. Die Gitarristen Harald Spengler und Stefan Kauffmann haben dort die Songs geschrieben. Das wird sich jetzt mit Natalie und den tiefer gespielten Gitarren zwar ändern, aber ich denke, dass man die STORMWITCH-Ecke immer noch etwas heraushören wird.“ Natalie bestätigt das. 

„Irgendwie habt ihr es mit den Hexen, oder? Und jetzt habt ihr euch eine Hexe angeschafft, die dann ganz böse aussehen wird auf der Bühne, nicht?“
Wow, ich krieg keine Prügel, sondern Natalie lacht. „Ich bin da ziemlich ich selber, ich verkleide mich eher nicht so sehr. Ich bin immer noch ich.“

Ich persönlich finde es ja extrem spannend, mit einer Band zu sprechen, von der noch gar keine Musik im Umlauf ist – die können ja jetzt alles behaupten. Vielleicht spielen die am Ende ja Schlager in Metal so wie HEINO?

Wir plaudern weiter über das neue Album, darüber, dass es kein Konzeptalbum sein wird, dass es um Mittelalter und Piraten gehen wird, historische Themen aufgearbeitet und die Texte eher etwas düsterer sein werden.
Ich frage nach der Faszination solch historischer Themen – die von gewissen Bands ja eher „ausgelatscht“ werden. Ausser SABATON nenne ich jetzt aber keine Namen.
Martin findet da, dass solche Themen und Geschichten eine musikalische Landschaft erzeugen können, die dann wiederum in einen Song integriert wird, die Faszination der Geschichte wiedergibt.

„Fällt euch denn zu modernen Themen nichts ein? Oder passen die nicht zu eurer Musik?“ Natalie widerspricht. „Moderne Themen gibt es genug, en masse. Da gibt es jede Menge Sachen, über die man schreiben könnte, wenn man wollte. Wir machen aber unseren Weg so weiter, wie wir ihn eingeschlagen haben, wie er auch von STORMWITCH vorgezeichnet wird. Wenn wir den Pfad verlassen würden, wäre das tatsächlich nicht mehr WITCHBOUND.“

Das soll keine Flucht vor der modernen Welt sein, eher eine musikalische Insel, auf der man Sachen wieder schön machen kann – wenn auch nur für kurze Zeit. Meinen Vorschlag von einer „Art musikalischer Heilung“ finden die Beiden dann etwas übertrieben – dabei habe ich mir mit der Formulierung dermassen Mühe gegeben…

Auf meine Frage, ob Musiker politisch sein dürfen oder gar müssen, gibt Natalie eine überraschende Antwort.
„ich denke, Musiker sind so eine Art Narren der Neuzeit, sie dürfen und sollen Dinge sagen, die sonst niemand ausspricht. Die Frage ist eher, ob Musiker das so wollen, wie sie das verpacken und wie das dann ankommt. Das ist ja manchmal ein ganz schmaler Grad.“

Ich spreche Natalie auf ihre brasilianischen Wurzeln an. Sie ist in Deutschland geboren und aufgewachsen – „Ich habe einen deutschen Pass“, lacht sie – ihr Vater ist Brasilianer. Obwohl sie „das Brasilianische“ nicht so sehr kultiviert hat und die Sprache nicht spricht, denkt sie schon, dass sie „ziemlich brasilianisch“ ist, besonders, was ihr Temperament und ihre Lebensfreude ausmacht.
Bei ihrem Namen hatte ich am Vorgespräch auf spanisch getippt. Sie hat dann gesagt „härter“, womit wir bei Portugal landeten. „Noch härter“ kam zurück und so landeten wir schliesslich bei Brasilien. Aus Brasilien stammt eine der Lieblingsbands von Natalie, die mit dem bekannten Bild von Zuckerhut und Copa Cabana so gar nichts zu tun hat – SEPULTURA. Was fasziniert sie an Derrick Green und Konsorten?

„Doch, das hat schon mit Brasilien zu tun. Da ist viel Rhythmus drin, das ist Brasilien, auch wenn man das nicht so erwartet. Schliesslich kommt auch der Kampfsport Capoiera aus Brasilien. Und das der so tänzerisch ist, hat damit zu tun, dass er quasi geheim geübt werden musste. Härte ist also durchaus auch brasilianisch.“

Ich danke Natalie und Martin für das spannende Gespräch und hoffe, dass wir einerseits bald das neue Album hören und andererseits die Band bald auf den Bühnen antreffen werden.

Aktuell gibt es einen bestätigten Gig mit dem neuen Material an der Heidenheimer Rocknacht, wo WITCHBOUND mit den Labelkollegen von UNDERTOW auftreten werden.

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