„The Man With The Red Shoes“ – Interview mit Mike Della Bella
Kann man ein Album machen, ohne selbst darauf mitzuspielen? Ja, man kann!
Stephan Lipp
Mit „The Man With The Red Shoes“ hat das MIKE DELLA BELLA PROJECT ein famoses AOR/Soft Rock Werk abgeliefert, dass Vergleiche mit CHICAGO oder TOTO nicht zu scheuen braucht (Den Review gibt es natürlich bei Rocknews: https://rocknews.ch/mike-della-bella-project-the-man-with-the-red-shoes/). Nicht nur eher ungewöhnlich ist das gewählte Genre, auch die Konstellation des MIKE DELLA BELLA PROJECT unterscheidet sich sehr stark von anderen Bands. Aber… wir haben es ja mit keiner Band zu tun, sondern einem Projekt. Zeit also, uns mit Mike – dem Mann mit den roten Schuhen – zu einem Zoom-Call zu treffen und über die Anfänge und Pläne mit seinem Projekt zu sprechen.
Die Anfänge
Wir schreiben die 80er Jahre, Schauplatz ist Rom. Mike, mitten in seinen Teenager-Jahren, nimmt wie besessen Song Idee um Song Idee auf unzähligen Kassetten auf. Geküsst von der Muse sprudeln die Ideen nur so aus ihm heraus. Fasziniert von der Musik der 80er kitzelt er Fragmente aus sich heraus, setzt Bruchstücke zusammen und schreibt Lieder fast wie am Laufband. Irgendwann Anfangs 90er beginnt er ein Studium, büffelt dafür und nutzt jede freie Minute, um weiterhin an seinen Songs zu arbeiten. Das wiederum stösst seiner damaligen Freundin sauer auf, und so kommt es, dass Mike von einem Tag auf den Anderen seine Instrumente und sein Equipment in die Ecke stellt, respektive verkauft.
Das Debut „One“
Plus-Minus 20 Jahre später: Mike ist in der Zwischenzeit Anwalt für Internationales Familienrecht in Rom, kümmert sich um Scheidungen, ab und zu geht es auch um Rückführungen von Kindern, welche von einem Elternteil unrechtmässig ins Ausland entführt wurden. Eines Tages findet er seine alten Aufnahmen wieder, erinnert sich an die gute, alte Zeit und beschliesst, ein paar der Songs aufzunehmen. Nur für sich und seinen Spass. Er findet passende Mitstreiter – ebenfalls in Rom ansässige, professionelle Musiker – und nimmt das Album „One“ auf, welches 2019 erschien. Keine CD, kein Streaming, einfach dann und wann ein Post auf Facebook mit einem der Songs. Dieser wird geteilt, gehört. Langsam trudeln Nachrichten und Anfragen für CDs in Mike’s In-Box auf. Menschen aus aller Welt, welche gerne mehr wollen als ein paar Songs auf Facebook. Also entscheidet sich Mike, eine CD pressen zu lassen. Erstmal ein Promo-Album mit 100 Stück, die er für ein paar Euros an Interessenten verkauft. Ein paar Wochen später erhält er ein Mail aus Japan – Man möchte seine CD gerne auf dem japanischen Markt vertreiben. Es müssen mehr CDs her, und diese werden in Tschechien gepresst, da dort im Werk zufällig eine seiner ehemaligen Klientinnen arbeitet. „One“ beschert dem MIKE DELLA BELLA PROJECT ungeahnte Aufmerksamkeit und Mike selbst lernt so einige Leute aus dem „Business“ kennen. Kein Wunder also beschliesst er, bald ein Nachfolgewerk anzugehen.
„The Man In The Red Shoes“ – Klotzen statt kleckern
Der Zweitling soll allerdings „professioneller“ werden. Jetzt, da das MIKE DELLA BELLA PROJECT nicht mehr einfach nur eine Hommage an sich selbst und eine längst vergessene Zeit darstellt, wird das „Project“ zum Projekt. Mit von der Partie ist sein alter Freund aus Jungendtagen, Faber Farina, „Partner in Crime“ bei diesem Abenteuer. Faber war damals schon beim Songwriting dabei und hört sich durch alle Kassetten, extrahiert die besten Ideen, entwickelt Arrangements, kreiert Songs und hat eine Million anderer Aufgaben, wie etwa dem Mixing-Engineer zu assistieren. Zwei der zehn Songs sind neue Kompositionen, der Rest stammt aus dem Fundus aus Kassetten-Tagen. Nun geht es darum, Musiker zu finden. Einiges wird im eigenen Studio in Rom aufgenommen, vieles von den Gästen, zu denen Mike Kontakt aufnimmt, oder die Einladung über andere Kontakte stattfindet.
Wenngleich die Technik heutzutage einfacher geworden und das Versenden von Aufnahmen quer über den Planeten zum Normalfall geworden ist, läuft nicht immer alles Reibungslos. „Bei den Aufnahme-Sessions im Ausland konnte ich nicht dabei sein, obwohl ich gerne mehr präsent und involviert gewesen wäre. Wir erhielten sehr viel tolles Material, aber wenn ich etwas bereue, dann den Umstand, dass ich nicht alle Musiker in meinem Studio in Rom aufnehmen konnte.“ Fun Fact übrigens: Mike selbst ist auf „The Man With The Red Shoes“ nicht zu hören, das hat er den Profis überlassen. „Für das Songwriting und die Demos reichen meine Fähigkeiten, aber um auf dem Album selbst zu spielen… Das überlasse ich lieber den Profis.“
Seit dem 1. März – Mike’s Geburtstag – ist das Album nun veröffentlicht. Wie kam es eigentlich zu den roten Schuhen? „Eines Tages brauchte ich neue Schuhe. Ich habe dann ein paar Beige-Braune Designer-Schuhe gefunden, die stark heruntergesetzt waren. Da gab es auch ein gleiches Paar, aber in Rot. Der Preis war zu gut, um nicht zuzuschlagen. Tatsächlich habe ich das Rote Paar auch wirklich sehr oft getragen, und sie wurden so etwas wie ein Markenzeichen. Mit der Zeit gingen diese aber kaputt. Ich habe lange gesucht, und wie durch ein Wunder das gleiche Modell in der gleichen roten Farbe nochmals gefunden! Auf dem Foto des Album-Covers sind es das neue Paar Schuhe, welche zum Einsatz kamen.“
Und wie soll es nun weitergehen mit dem MIKE DELLA BELLA PROJECT? Mit all den Musikern aus allen Herren Ländern wird es bestimmt schwierig, das Live auf die Bühne zu bringen? „Nicht nur das, auch mit den vielen Sängern und Sängerinnen, die auf dem Album mitgewirkt haben. Natürlich können wir nicht mit den Künstlern auf dem Album auf Tour gehen, aber ich würde mir schon wünschen, die Songs irgendwie auch Live präsentieren zu können. Wir haben auch bereits einige Anfragen. Geplant ist, dass wir eine Band rund um den Kern der Musiker, welche auf ‚One‘ gespielt haben, aufzubauen. Auch hier würde ich nicht selbst mitspielen, ich sehe mich eher in der Rolle des Songwriters und Produzenten. Das ganze aufzugleisen und zu planen, darin liegt mein Fähigkeit.“ Und wird es ein weiteres Album geben? „Wir haben tatsächlich schon ein drittes Album in Planung, Faber sichtet bereits wieder die Kassetten und sucht die passenden Songs aus. Neben dem MIKE DELLA BELLA PROJECT habe ich noch eine zweite Band – TRIDELI, für die ich die Songs schreibe, das ist dann aber rockiger. Das Album dieser Band wird als nächstes Angegangen, bevor wir mit MIKE DELLA BELLA PROJECT Volume 3 beginnen.“.
Und bis es soweit ist, läuft „The Man In The Red Shoes“ zumindest noch einige Male auf meinem Plattenteller. Danke Mike für das Gespräch!