SUMMERBREEZE 2023 – part two

SUMMERBREEZE 2023 – part two

Wenn sich der idyllische Waldgasthof als wahre Drogenhölle entpuppt – dann weisst du, dass du am richtigen Ort bist…

Bilder und Text Danny Frischknecht

Tag zwei meines Lieblingsfestivals, was viel harte Musik und gute Stimmung anbelangt – und das Treffen mit alten Freunden. Heiter wird es, wenn du dich in der bereits erwähnten WALKMÜHLE in Feuchtwangen zum Frühstück begibst – so etwas vor neun Uhr. Einerseits gesellst du dich natürlich zu den Metalheads vor Ort, andererseits schaust du schon etwas kariert, wenn am Nebentisch ein grosses, dunkles Bier bereit steht. Die Bedienung realisiert meinen erstaunten Blick und sagt lakonisch: „Das ist ein Konterbier.“
Ein was? Ich erfahre, dass es sich hier um ein Geheimrezept handelt, das einen Kater nach der vorabendlichen Trinkrunde verhindern soll. Legende? Ich hab es nicht ausprobiert. Notabene war der Konsument ein rüstiger, gute siebzig Jahre alter Metalhead.
Und, um ehrlich zu sein – der Vorabend war nicht so schlimm, dass ich einen Kater zu befürchten hatte und Bier morgens um neun finden meine Eingeweide dann doch noch nicht nötig.
Jedoch, um halb elf, als ich in der Gartenwirtschaft sitze und Bildmaterial vom Vortag sichte, kommt die Frage nach dem Hopfentee dann doch – in Gestalt des Schankwirtes. Nach einem kurzen Gespräch einigen wir uns auf ein Radler mit dunklem Bier als Basis. Für die Schweizer, Radler nennt man bei uns „gsprützt“.
Solchermassen gestärkt verlasse ich meine Unterkunft am frühen Nachmittag. Die erste Band, die ich mir anschauen will, sind die Ami Metalcorer von OF VIRTUE. Ihr aktuelles Album „Omen“ hat mich schon ziemlich beeindruckt. Und die Jungs enttäuschen mich live nicht.
Sänger Tyler Ennis entschuldigt sich nach dem ersten Track dafür, dass sie nicht so fit und happy wären, weil ihre Koffer an einem anderen Ort dieser Welt gelandet wären und sie deshalb teilweise mit fremdem Equipment spielen müssten. Ich frage mich derweil, wie die Jungs knallen würden, wenn sie fit und happy wären? Sie knallen nämlich richtig und läuten damit den zweiten Festivalabend ein.

Ich weiss bereits, dass ich den heutigen Tag relativ ruhig angehen werde, mich mit coolen Menschen treffen, mit Freunden bechern und damit die eine oder andere Band Band sein lassen werde. So habe ich mir etwa GRAVE DIGGER, VERSENGOLD, OBITUARY oder auch TRIVIUM gespart – man kann nicht immer überall dabei sein. Dafür habe ich mir END OF GREEN angeschaut, weil ich es so liebe, wenn Sänger Michael Huber mit seiner Truppe ihren Depressed Subcore spielen, er dabei raucht und sowas von endcool ist – oder sich zumindest so gibt. Musikalisch holen mich die Dark Rocker nur teilweise ab, ihr Liveständchen hatte aber schon Potenzial. Naja, von Dark rockern erwartet man jetzt auch nicht die absolute Rampensaushow mit Bühnenabriss. Soweit also alles gut.

Mit BEARTOOTH folgt für heute bereits mein drittletzter Fotoeinsatz. Die Metalcoretruppe aus Columbus, Ohio legten einen Auftritt hin, der sich gewaschen hat. BEARTOOTH sind bekannt als Abbruchkommando mit viel Spass auf der Bühne. Ihre Mischung aus Hardcore, Rock und Punk, gespickt mit vielen melodiösen Einflüssen, die man schon beinahe poppig nennen könnte, repräsentiert das, was ich als modernen Metal bezeichne. Ein Genre, das in sich viele Stilrichtungen vereint und den Bands einen umheimlichen Gestaltungsraum bietet – Metalcore trägt heute viel dazu bei, dass viele junge Fans dem Metal treu bleiben oder ihn für sich neu entdecken. Metalcore ist quasi die Einstiegsdroge mit Partypotenzial. BEARTOOTH spielen hier, zumindest, was ihre Spielfreude und Bühnenpräsenz anbelangt in der ersten Liga mit.

Ursprünglich stand die Truppe nicht auf meinem Plan, eigentlich war Abendessen angesagt. Aber dann kam ich an der Wera Tool Stage vorbei und bekam Lust, mal wieder etwas Celtic Punk mit hartem Nachschlag zu hören. Da kamen mir PADDY AND THE RATS gerade Recht. Die Ungarn hatten ihr Publikum schnell im Griff, spielten dem Teufel ein Ohr ab und wurden mit zahlreichms und hochmotiviertem Publikum belohnt. Auch das ist etwas, was mir am SUMMERBREEZE gut gefällt – das Publikum ist offen und tolerant. Da darf es gerne einmal etwas mehr ROck als Metal sein, wie etwa bei den NEW ROSES oder eben Celtic Punk wie bei PADDY AND THE RATS.

Meinen letzten Fotoslot kriegten für einmal nicht die Headliner von TRIVIUM, sondern die finnische Coverband FROGLEAP. Es war weniger musikalisches Interesse als die Frage nach der Liveperformance. Leo Moracchioli feiert ja seit einigen Jahren Erfolge auf Youtube, wo er immer wieder genrefremde Tracks nimmt und ihnen ein Metalgewand überzieht. Ich habe viele seiner Songs gehört, fand einige sosolala, andere überzeugten mich schnell. Und live? Leider nix, oder zumindest weit weg von dem, was ich erwartet hatte. Klar war es eindrücklich, wie Zehntausende Metalheads nach dem Auftritt der Hartmetaller von TRIVIUM gemeinsam „Hello“ von ADELE mitsangen – und zwar textsicher. Alles in Allem war der Auftritt aber wenig aufregend, eher langweilig. Daran änderte auch der motiviert performende Hase nichts, die Sängerin gab sich ebenfalls ordentlich Mühe, konnte aber auch nur teilweise überzeugen. Dieser Auftritt war ein gutes Beispiel dafür, dass zu hohe Erwartungen nur selten erfüllt werden. Abend Nummer zwei endete also mit einer durchzogenen Tagesbilanz.