Blues Powerfrau Lilly Martin im Gespräch
Ob es etwas gäbe, das sie bedauern würde, nie getan zu haben, wenn heute der letzte Tag in ihrem Leben wäre – diese Frage fällt ihr leichter.
Ihr „Nein“ kommt wie aus der Pistole geschossen, etwas später relativiert sie es wieder.
„Yes and no, manchmal denke ich… aber das wäre unmöglich.
Ich habe viel getan, das ich wollte. Und ich bin noch nicht fertig. Ich nehme das, was ich habe und das stimmt für mich. Ich fände es nicht so toll, eine“ bucketlist“ auf meinem Nachttisch zu haben. Hingegen fände ich es cool, eine „have done“-Liste zu schreiben.
Ich merke natürlich auch, dass ich weniger Bedürfnisse habe, je älter ich werde. es ist einfach okay so, wie es ist, ich bin zufrieden.“
Wir kommen zurück zu „Minetta“, dem kommenden Album. Lilly freut sich auf die Releaseshow vom 20.01.18 im Moods in Zürich.
Während Michael im Hintergrund einige Tracks des neuen Albums anspielt, erzählt Lilly, weshalb das Album „Minetta“ heisst. Minetta Street ist eine Strasse im Kultquartier Greenwich Village, in welcher Lily einen Teil ihrer Jugend verbracht hat – und das in den Sechzigerjahren.
Greenwich Village und damit auch die Minetta Street waren damals Brennpunkte von Jazz, Blues oder Singer Songwriter. Buddy Holly, Steve Earl oder Bob Dylan sind nur einige sehr berühmte Namen.
„Diese Stimmung spiegelt sich im Album wieder, diese Mischung aus Blues und Soul, dieses New Yorker Feeling – das ist für mich New York Style, kein Genre, sondern eine Stimmung.“
Langsam nähert sich das Ende des Interviews und Lilly kommt freiwillig auf die Frage nach dem Dinner mit einer Person nach Wunsch zurück.
„Al Green wäre spannend oder Mavis Staples, weil sie eine wirklich faszinierende und lustige Person ist. Mit Jimmy Carter würde ich auch gerne zusammensitzen – weil er eine interessante Persönlichkeit ist, mit der man sich gut unterhalten kann, oder mit Schriftstellern zwischen Mark Twain und J.K.Rowling – weil sie so cool ist, nicht weil ich Harry Potter Fan wäre.
Ich kann dir die Frage nicht beantworten, aber es ist eine wirklich gute Frage und ich werde mich vorbereiten, damit ich sie in einem anderen Interview beantworten kann.“
Das klingt jetzt ganz und gar nicht nach nettem Smalltak, sondern enrsthaft und wertschätzend. Und so erlebe ich Lilly Martin. Sie ist weit mehr als eine gute Blues- und Soulsängerin, sie ist auch eine warmherzige, sympatische und intelligente Frau.
Lilly Martin spielt nicht nur Blues und Soul, sondern reichert ihn an mit Lebenserfahrung, Ernsthaftigkeit, Humor und einem offenen Herzen.
Und so kann ich mit viel Überzeugung einmal mehr sagen; „a white person can sing the blues!“