Als Neuling auf Wacken – W:O:A 2017 Teil 2

Als Neuling auf Wacken – W:O:A 2017 Teil 2

Am Samstag ging es wieder sehr zeitig auf das Gelände, diesmal begleitet von meinen Freunden.

claudia@metalnews | Diese wollten für TWILIGHT FORCE einen Platz in der ersten Reihe sichern, eine Band, auf die wir uns alle schon seit Monaten freuten. Auch eine Band, die ich unbedingt mal vor die Linse kriegen wollte. Und wenn ich ja schon mal im Bullhead City Circus war, konnte ich ja gleich noch die anderen Bands hier mitnehmen.


Als erstes stand VICTIMS OF MADNESS auf dem Programm. Da wollte ich einfach mal reinschauen, nur schon wegen der Bandgeschichte. Die Band im Wacken Forum im Vorfeld zu W:O:A 2002 gegründet. Es wollten sich Musikbegeisterte auf dem Campground treffen, um zusammen Coversongs zu spielen. Das Dumme dabei ist nur, ein Metaller braucht dazu Strom. Die Nachfrage beim Veranstalter hatte kein Erfolg, oder doch? Man bekam keinen Strom ans Zelt, dafür gleich einen Slot auf der W:E:T Stage. Und dieser Wahnsinn hat bis heute Bestand, die Bandmitglieder üben alle alleine zuhause, und spielen in wechselnder Besetzung nur zusammen auf der Bühne, mittlerweile nicht nur in Wacken, sondern auch bei anderen Open Airs. Schade nur, dass man bei nur drei Songs als Fotograf nicht alle Bandmitglieder vor die Linse kriegt, verdient hätten sie es allemal. Ebenfalls hatten sie das begeisterte Publikum vor der Bühne verdient.


Im Anschluss sollte THE HIRSCH EFFEKT spielen, da war für mich eigentlich Pause geplant. Wie immer kommt es anders als man denkt und ich fand mich im Graben wieder. Auch wenn man sich nicht mit einer Band beschäftigt hat im Vorfeld, kann man ja trotzdem die Gelegenheit nutzen, Bilder machen und auch einfach mal reinhören. Ist jetzt zwar nicht hundert Prozent meins gewesen, aber vielleicht erfreut sich ja einer der Leser an den Bildern. Dieselbe Situation ergab sich eigentlich mit der nächsten Band AHAB. Irgendwie fehlt mir der Zugang dazu, ist ja auch nicht schlimm, finde ich zumindest.

In der Zwischenzeit unterhielt ich mich ein wenig mit den Sicherheitsleuten und den Medienbeauftragten, kann ja nie schaden. Erstens stehen diese Leute den ganzen Tag da, sorgen für die Sicherheit aller, auch meiner, und unterstützen mich in meiner Arbeit. Aber ebenso waren die Gespräche durchaus informativ.
Dieser eine Security war ebenfalls das erste Mal auf Wacken und war genau wie ich positiv vom das Verhalten der Besucher überrascht. Er hatte keine einzige Schlägerei mitbekommen, kaum wirklich Betrunkene und dafür sehr hilfsbereite Metalheads getroffen.

In meinem Umfeld ist mir übrigens nicht einmal aggressives Verhalten aufgefallen, ich sage nicht, dass es das da nicht gegeben hat, aber ich stelle mal die Vermutung an, dass dies eher einzelne und seltene Vorfälle waren. Ebenso war ich auch öfters als Frau alleine unterwegs und es gab nie eine Situation, in der ich mich irgendwie unwohl fühlte. Das hin und wieder unschöne Dinge passieren, ist bei dieser Menge an Besuchern wohl nicht auszuschliessen, aber wenn ich die Statistiken einer Stadt in der selben Grössenordnung anschaue, fühle ich mich auf Wacken so sicher wie in meinen eigenen vier Wänden.

Mein Highlight des Tages rückte näher: TWILIGHT FORCE! Entweder man liebt sie oder eben nicht. Für einige sind sie zu kitschig, für mich schlichtweg faszinierend. Da ich selber vom Fantasy- und Rollenspiel-Bereich her komme, spricht mich die Band nicht nur musikalisch sondern eben auch optisch und thematisch an. Offensichtlich war ich nicht die einzige, um kurz nach halb zwei war das Zelt praktisch voll, die Zahl 8‘000 stand im Raum. Und das bei einer Bühne ohne „Laufkundschaft“.  Ich weiss nicht, ob diese Zahl stimmt, aber mit ca. 6500m2 ist der Bullhead City Circus eines der grössten Eventzelte und da passen eine Menge Leute rein. Nicht nur ich war beeindruckt, der Sänger steckte seinen Kopf immer mal wieder hinter dem Vorhang hervor und, seinem Gesichtsausdruck nach zu urteilen, konnte er kaum fassen, was er sah. Auch während des Konzertes konnte man diesen Gesichtsausdruck immer wieder aufblitzen sehen. Der einzige Abstrich bei diesem Konzert muss ich für einmal beim Ton machen, hier war das Schlagzeug so laut, dass man die Gitarren nicht immer gehört hatte. Ausgerechnet das üblicherweise formidable Shredding ging manchmal unter.

Da mir drei Lieder bei dieser Band einfach zu wenig war, blieb ich das ganze Konzert über. Erst dachte ich, es sei unmöglich auch nur in die Nähe meiner Freunde zu kommen, aber falsch gedacht. Auf Nachfrage, ob man mich durchliesse, waren alle bereit mir ein wenig Platz zu machen. Danke an die Nachsicht dieser netten Menschen, denn mit Freunden zu feiern macht einfach noch ein wenig mehr Spass.

Danach war erst mal eine Stärkung fällig. Gefüttert und getränkt ging es ins Infield, für einmal wollte ich bei einem Meet and Greet vorbei schauen, natürlich nur, um darüber schreiben zu können. Ganz ehrlich, das ist normalerweise nicht meine Welt, aber da wir schon mal dabei waren, meinen Horizont zu erweitern, dann gleich richtig. Direkt neben den Mainstages war ein Podest aufgebaut mit jeweils zwei Wartezonen, so dass zwei Bands gleichzeitig ihre Fans treffen konnten. Etwas ungünstig war das ja schon, denn es war doch sehr laut und man konnte manchmal kaum ein Wort verstehen. Dennoch kamen ein paar nette, aber kurze Gespräche zu Stande, was in der Natur der Sache lag, es warteten ja noch mehr Leute. Bei Leuten, die zu lange stehen blieben, mahnte der Security freundlich zum weitergehen.

Langsam taten uns auch die Füsse weh, und wir versuchten in der Nähe der Wackinger Stage einen Sitzplatz zu ergattern. Was uns aber nicht so ganz zufriedenstellend gelang, so entschieden wir uns in der VIP/Presse Area zu erholen. Für einmal den Kamerarucksack für länger abstellen, sich hinsetzen und die Beschallung aus dem Infield geniessen. Auf den Bildschirmen verfolgten wir dann auch das Konzert von ALICE COOPER, an einen Pitpass war leider für mich hier nicht zu denken, aber Leo war für euch vor Ort. Gespräche mit Kollegen und internationalen Gästen, durchaus auch sehr spannend und informativ. Und wenn einem dann auch noch ein Kumpel überraschend über den Weg läuft, eine bessere Verschnaufpause kann ich mir nicht vorstellen.

Spätestens zu SERENITY zog es mich wieder ins Wackinger Village. Da ich die Band nächstes Wochenende vor die Linse kriegen würde und Leo ebenfalls da war, habe ich einfach nur den Auftritt genossen bei einem Becher Met. Eigentlich war der Plan, hier noch ein wenig zu bleiben und zu schauen was noch kommt, doch es kam anders.

Leo fragte mich, ob ich immer noch daran interessiert wäre, zu AVANTASIA zu gehen. Da ich keinen Pitpass dafür hatte, hatte ich es eigentlich bereits abgeschrieben. Also griff ich natürlich zu, als mir einer angeboten wurde. Die Zeit war zwar etwas knapp, vor allem wenn man praktisch quer über das Gelände muss, aber schlussendlich war ich mit gezückter Kamera ready an der Harder Stage. Der Neuling auf Wacken am Samstag um 22.00 Uhr im Fotograben einer der Mainstages, ein tolles Gefühl, aber noch magischer war die Show auf der Bühne.

Mit dem Hochgefühl im Herzen liessen wir den Abend, oder besser gesagt die Nacht ausklingen. Dabei verschlug es mich noch an die Wasteland Stage zu HELDMASCHINE. Sorry, davon gibt es keine Bilder, das war mehr ein Zufall, da jemand anders hinwollte und mich gefragt hatte, ob ich mitkomme. Das ist jetzt vielleicht nicht die Musik, die den ganzen Tag rauf und runter hören möchte, aber es war ein grossartiger Auftritt, mit sehr viel Herzblut und es hat einfach zum ganzen Ambiente gepasst. Den Namen werde ich mir auf jeden Fall merken, denn auch wenn ich das eher seltener hören würde, gefallen hat es mir durchaus.

Ich bin eigentlich ein Mensch, der grosse Menschenansammlungen meidet, ich mag sie nicht, kriege manchmal fast Platzangst. Trotzdem bin ich im Holy Wacken Land gewesen, und bereue keine Sekunde. Im Gegenteil, ich will unbedingt wieder hin! Das Gelände ist grosszügig genug, um die Menschenmassen aufzunehmen und wenigstens zum Teil zu verteilen. Klar im Infield selber vor den Mainstages sammeln sie sich, dennoch stehen die Besucher nach den ersten paar Reihen dann doch locker genug, dass man sich hindurch bewegen kann. Um die Bühnenshow so richtig mit zu bekommen ist man manchmal sogar besser beraten nicht ganz vorne zu stehen. Dank den riesigen Leinwänden und den spektakulären Kamerafahrten sieht man dennoch alles oder gar mehr. Tontechnisch ist es wie bereits mehrfach erwähnt ebenfalls überhaupt kein Problem, den kriegt man auf dem ganzen Gelände mit.

Das Publikum auf Wacken ist grossartig, die Leute sind feierwillig, oder gar feierwütig. Sie wollen von den Bands abgeholt werden. Wer das jetzt mit unkritisch verwechselt, liegt falsch. Geschätzt wird hier neben persönlichem Musikgeschmack auch Leidenschaft und Engagement auf der Bühne. Fehlt dies, zieht man auch schon mal bei grösseren Namen eine Bühne weiter. Der grimmige Metallhead, der an der Wackinger Stage bei Mittelalter Rock und Folk Bands abfeiert und vielleicht sogar neu für sich entdeckt, ist ebenso ein Teil von Wacken, wie die Crowdsurfenden Massen an den Mainstages. Offen für Neues, neue Bands, neue Bekanntschaften, neue Erfahrungen, so habe ich die Menschen da kennengelernt. Eine Gemeinschaft, der man gerne angehört.

Sowohl das Sicherheitspersonal als auch die Medien Beauftragten waren immer freundlich und kompetent. Alles wirkte sehr ruhig und fast schon gelassen, aber immer bereit. Ein negatives Beispiel wurde mir erzählt, dieser Herr durfte aber anscheinend auch gleich nach Beschwerde seine Sachen abgeben. Bei so einem Anlass braucht es zu viele Helfer, als dass jeder einzelne sorgfältig von Hand verlesen werden kann. Wie man dann mit Problemfällen umgeht, gefällt mir. So aus Besuchersicht sah es aus, als würde alles glatt laufen. All denjenigen die vermutlich im Hintergrund Blut und Wasser geschwitzt hatten, um dies zu erreichen, ein riesen Dankeschön.

Als Mitglied der Presse fühlte ich mich gehegt und gepflegt, und nicht wie an manchen Orten widerwillig geduldet. Dass so ein Aufwand, und für Festival Verhältnisse eigentlich Luxus, nicht überall machbar ist, ist mir auch klar. Aber nur schon die Hilfsbereitschaft einem Neuling gegenüber von allen Seiten war fantastisch und hat mir manche Nervosität und Unsicherheit genommen.

Dieser Bericht war für erfahrene Wackengänger unter den Lesern hoffentlich ein nachsichtiges Schmunzeln wert. Für alle diejenigen, die noch nie da waren: ich hoffe ich konnte euch Lust darauf machen. Ihr habt noch fast ein Jahr, um geeignetes Schuhwerk zu finden. Wir sehen uns hoffentlich am W:O:A 2018, rain or shine!

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