A NIGHT OF ROCKEXPERIENCE – Bischofszell rockt!

A NIGHT OF ROCKEXPERIENCE – Bischofszell rockt!

ROCKNEWS liegen Schweizer Musik und Events – gerade auch „in der Provinz“ am Herzen. So habe ich den (kurzen“ weg nach Bischofszell unter die Räder genommen – und wurde nicht enttäuscht.

Bilder und Text Danny Frischknecht

Aula Sandbänkli – das erinnert mich irgendwie an Parties in den Siebzigern – in der Schweiz damals auch Fez genannt. Meist waren das Events, wo mit mehr oder weniger professionellem Equipment und zumeist mit DJs die neuesten Hits abgespielt wurden. Livebands waren eher die Ausnahme.
Das war am 22. Februar dieses Jahres für einmal anders. Ersten mehr als vierzig Jahre später, zweitens mit Livebands und drittens mit gewohnt professioneller Ausstattung – Schweizer Standard halt.

Wie es aussieht, soll das nicht das einzige Event dieser Reihe bleiben – weitere könnten folgen. Der Erfolg gab den Veranstaltern Recht – die Aula war mehr als gut gefüllt.

Bands? Naja, einerseits meine Freunde von PILOTS OF THE DAYDREAMS, das Melodic Rock Trio aus der Region, dann die mir bis dato unbekannten Kapellen HONEYSPOON und MIDNIGHT SCREAMERS – ebenfalls aus oder aus der Region Bischofszell.
Musikalisch gab es da einen richtig breiten Range; HONEYSPOON als Vertreter des Grunge, PILOTS OF THE DAYDREAMS als Melodikrocker mit progressivem Einschlag und MIDNIGHT SCREAMERS als Italo-Bluesrockband.

HONEYSPOON

Die Grunger waren definitiv die Band mit der wenigsten Bühnenerfahrung. Das Quartett in klassischer Besetzung lieferte eine Setlist von zehn Songs und ging gleich „all in“. Es braucht schon ziemlich viel Selbstvertrauen, wenn man einen der grössten Rockklassiker covert – und das Ganze als Grunge. „Rockin‘ In The Free World“ von NEIL YOUNG eröffnete den Abend und zeigte gleich die Schwäche der Band auf.

Grunge verleitet wahrscheinlich dazu, sich beim Gesang etwas gehen zu lassen. Auch bei den ganz grossen Vertretern wirken die Stimmen oft „nachlässig“, etwas schleifend und nicht nach absoluter Perfektion strebend. Allerdings sind sie es meist doch. Kurt Cobain und Konsorten haben charismatische und sehr gute Voices. In diesem Bereich haben HONEYSPOON Nachholbedarf, Treffgenauigkeit und Trennschärfe liessen teilweise zu wünschen übrig. Ansonsten lieferten die Jungs mit guten Leistungen an den Instrumenten ab und überzeugten das Publikum mit guten, eigenen Tracks. Gesang noch was üben, dann kommt das gut.

PILOTS OF THE DAYDREAMS

Auf einem anderen Level trat dann das Trio an. Die drei Musiker haben Jahrzehnte Erfahrung und beherrschen ihre Instrumente perfekt. Das Ganze wirkt auf den ersten Moment unspektakulär, von Song zu Song wird aber klar, wieviel Knowhow da auf der Bühne steht. Der meist selbstversunkene Bassist Walo Bortoletto – man munkelt, er wäre das bestaussehende Bandmitglied – könnte ohne Veränderung in eine Jazzband überführt werden. Sein Standing auf der Bühne ist einerseits das, was von einem Basser erwartet wird – nicht zu viel Bewegung, nicht zu viel Spektakel. Das haben uns schliesslich auch Grössen wir der gute alte LEMMY vorgemacht. Andererseits beherrscht er seinen Fünfsaiter im Schlaf.

Auch Drummer Biagio Anania hilft dabei, einen präzisen Boden unter den Sound der Band zu legen. Die totale Rampensau gibt er nicht – ist ja auch schwierig hinter der Batteria. Da vertritt er eher Konzentration gepaart mit einer gewissen Lässigkeit – und Präzision.
Gitarrist und Sänger Marco Predicatori  lebt sich auf der Bühne aus, man kennt ihn im Thurgau und darüber hinaus schon lange, einst als Sänger der Melodic Metal – Kultband ATOMIC FLOWER. Er ist zudem Sänger der Metalband OBSIDIAN BLACK – lebt also nach wie vor eine härtere Seite aus.
Sein Job war der des Anheizers, zudem gab er immer wieder Inputs zu den Messages der Songs

PILOTS OF THE DAYDREAMS hatten keine Mühe, das Publikum zu begeistern. Sie feierten ein Fest gemeinsam mit den angereisten Fans, lieferten Tracks ihrer bisherigen Alben – besonders auch von der letzten Scheibe „Invented Paradise“.
Ein wenig war ich erstaunt, dass PILOTS OF THE DAYDREAMS nicht den typischen Headlinerslot am Ende des Abends innehatten.

MIDNIGHT SCREAMER

Als die Bluesrocker mit italienischem Flair als letzte Band die Bühne enterte, gab es eine Erklärung dafür, warum sie den Abend abschlossen.
Nicht abwertend verstehen; die letzte Kapelle ist eine Partyband, sie hat die Mission – mutmasse ich jetzt einmal – dem Publikum gute Stimmung zu impfen, sie tanzend bei der Stange zu halten und den Ausklang des Abends mit Fun und Highlife zu gestalten. Es war schon etwas später als geplant, als die Band mit einer Mischung aus eigenen Tracks und Covers ihren Job starteten. „Azzuro“? „Volare“? Irgendwoher kennt man die Tracks – natürlich. Allerdings eher nicht im fetzigen Bluesrockkleid. Das verpasste die Band aber sämtlichen 16 Songs auf der Setlist.

Das Quartett packte das Publikum mit seinen eingängigen Tracks und viel guter Stimmung auf der Bühne. Ein Kontrastprogramm zu den beiden vorherigen Bands, der musikalische Anspruch stand weniger im Vordergrund. Was nicht heissen soll, dass die Truppe ihren Sound nicht auf hohem Niveau platziert hätte. Hier stand ein Quartett auf den Brettern, die die Welt bedeuten, das präzise und punktgenau spielte und ebenfalls über Jahre Erfahrungen auf Bühnen gesammelt hat.

Fazit

Es ist sehr erfreulich, dass es solche Events gibt und sie ordentlich Zulauf haben. Klar, das waren jetzt nicht tausend Personen, aber der Saal war voll. Und wenn das die Macher motiviert, weiterhin solches zu tun, wird das bestimmt auch wachsen können. Hoffen wir, dass solche Events wieder mehr werden, dass die kleine, aktive Szene belebt wird und den grössenwahnsinnigen Konzertagenturen den einen oder anderen Piekser versetzt. Hope never dies!